275 Jahre Draht im Mund

Pierre Fauchard ist der Vater der Kieferorthopädie. Er veröffentlichte 1728 ein Buch mit dem Titel „Le Chirurgien Dentiste“, in dem er der Korrektur von Zahnfehlstellungen ein ganzes Kapitel widmet. Die von ihm entwickelte Spange bestand aus einem gebogenen Metallstreifen, den er mit einem Draht an den Zähnen fixierte. Aber die Zahnregulierung an sich war schon viel früher ein Thema: Schon im Jahr 10 n. Chr. kam Celsus auf die Idee, schiefe Zähne mit den Fingern wieder in ihre richtige Position zu schieben.

Und so dumm ist das nicht: Schließlich sind sie nicht am Knochen festgewachsen und ein Leben lang beweglich. Etwa 200 n. Chr. empfahl dann Galen, der Begründer der „Säftelehre“, man solle die Zähne bei Kieferengstand mit der Feile bearbeiten. Danach waren schiefe Zähne über tausend Jahre scheinbar unwichtig; erst 1620 meldete sich Hieronymus Fabricius zu Wort, ein Mediziner aus Padua. Er schlug vor, Zähne zu ziehen, wenn der Kiefer nicht genug Platz hat.

John Hunter, einer der bekanntesten englischen Anatomen, machte dann Mitte des 18. Jahrhunderts Experimente mit Schweinekiefern und führte 1750 wahrscheinlich die erste Korrektur mit einem Drahtbogen und Ligaturen (Bändern) durch. Der Franzose J. M. Alexis Schangé beschrieb eine mit einer Schraube verstellbare Spange, und Edward H. Angle gilt als Vater der „neuzeitlichen Kieferorthopädie“. Er war auch der erste Kieferorthopäde, der Ende des 19. Jahrhunderts Brackets verwendete, um die Drahtbögen zu befestigen. Seine Technik wird bis heute bei festen Spangen angewendet.                        GESINE KULCKE