Paris muss Genmais-Verbot verteidigen

Frankreich argumentiert, Samen des Konzerns Monsanto könnten konventionelles Saatgut verunreinigen

Umweltschützer: Es gibt keine neutralen Studien über die Gefahren des Saatguts

PARIS taz ■ Der Streit über den Einsatz von gentechnisch verändertem Mais geht in eine neue Phase: Am Montag muss Frankreich in Brüssel vor der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten erklären, warum es die europäische Schutzklausel anwendet, die Ländern bei Gesundheits- oder Umweltrisiken die Möglichkeit eines Verbotes einräumt. Paris hatte den Einsatz der genmodifizierten Samen im Futtermittelanbau Anfang 2008 mit Hinweis auf die Schutzklausel verboten, nachdem zuvor eine französische Studie Zweifel an der Umweltverträglichkeit des Saatguts vom Typ MON 810 geäußert hatte. Wenige Tage vor dem Termin in Brüssel hat nun die französische Lebensmittelaufsicht Afssa einen Gegenbericht an die Öffentlichkeit gebracht. Danach birgt MON 810 keinerlei Gefahr für Mensch oder Tier.

In Frankreich hat der Afssa-Bericht erwartungsgemäß die schlummernde Polemik über transgenes Saatgut wieder zum Kochen gebracht. Kaum war der 21 Seiten lange Text veröffentlicht, meldeten sich GegnerInnen und BefürworterInnen von MON 810 zu Wort. Bauerngewerkschafter José Bové, zugleich mehrfach verurteilter Genschnitter, bezeichnet die Studie als „Muskelspiel der Genmais-Lobby“. Die ehemalige Umweltministerin Corinne Lepage von der rechtsliberalen Partei Modem spricht von einer „Manipulation wie in den Zeiten von Tschernobyl“. Lepage: „Es gibt immer noch keine einzige öffentliche Untersuchung über das Verhalten von Ratten, die genmanipulierte Organismen gefressen haben. Die einzigen verfügbaren Quellen stammen von den Herstellern genmanipulierten Saatgutes.“

Auf der anderen Seite erklärt MON-810-Produzent Monsanto, der Konzern sei „kein bisschen überzeugt“ von dem Bericht der Afssa. Der US-Samenhersteller wiederholt zugleich seine Vorwürfe gegen die Regierung in Paris: „Mit dem MON-810-Verbot hat sie die französischen Bauern benachteiligt. Sie verwehrt ihnen den Zugang zu dem technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Fortschritt.“

Die Regierung hat sich auf die Seite der GegnerInnen des gentechnisch veränderten Maises gestellt und will vorerst an dem Verbot festhalten. Am Donnerstag erklärte Regierungschef François Fillon: „Wir warten die Entscheidung der EU-Kommission ab.“ Zugleich hält er sich die Türe für eine Kehrtwende offen und sagt: „Wir werden die EU-Entscheidung respektieren.“

Die EU-Mitgliedsländer gehen beim transgenen Mais getrennte Wege. Frankreich, Österreich, Ungarn und Griechenland haben MON 810 mit Hinweis auf die europäische Schutzklausel verboten. Die EU-Kommission und die europäische Lebensmittelaufsichtsbehörde befürworten MON 810. Und auch mehrere Mitgliedsländer, darunter Großbritannien, Schweden, Finnland, die Slowakei, Estland, Spanien und die Niederlande, bewerten den transgenen Mais positiv. Bei den Verhandlungen in Brüssel wird es am Montag vor allem darum gehen, die unentschiedenen EU-Länder zu überzeugen: insbesondere Deutschland, Belgien und Italien.

In Paris hat die Staatssekretärin für Ökologie, Chantal Jouanno, vorsorglich erklärt, dass der neue Afssa-Bericht am eigentlichen Thema vorbeigehe. „Er bezieht sich auf die Gesundheitssicherheit“, stellt sie fest: „Aber Frankreich hat nie behauptet, dass es bei MON 810 ein gesundheitliches Problem gebe. Wir haben festgestellt, dass es ein Umweltproblem gibt.“ Dabei gehe es unter anderem um das Risiko, dass der Mais von Monsanto konventionelle Felder verunreinigt. DOROTHEA HAHN