„Wir brauchen die Solidarität“

Der Bürgermeister der nicaraguanischen Hafenstadt Corinto/El Realejo, Martínez Navas, möchte mit seinem Besuch in Köln die Beziehungen zwischen den beiden Partnerstädten wiederbeleben

InterviewSebastian Sedlmayr

taz: Herr Martínez Navas, am Montag war der 25. Jahrestag der sandinistischen Revolution in Nicaragua, und Sie sind hier in Köln. Wie kann das sein?

Absalon Martínez Navas: Es ist seit 25 Jahren dasselbe: Reden, Feiern, Erinnerungsrituale. Das habe ich schon oft genug gesehen. Die Revolution ist jeden Tag wichtig. Da brauche ich keinen Gedenktag. Und die Beziehungen zwischen Corinto und Köln sind auch wichtig. Ich habe nur eine begrenzte Zeit, um die Beziehungen zu intensivieren. Außerdem wollte ich die Gelegenheit, Köln im Sommer zu besuchen, nicht ungenutzt lassen. Im Herbst oder Winter wäre es mir hier viel zu kalt.

Welche Erinnerung haben Sie an die sandinistische Revolution von 1979?

Die Solidarität in der Bevölkerung ist für mich die wichtigste Erinnerung, und sie ist auch das wichtigste Erbe. Das gesamte Land hat gegen die Somoza-Diktatur gekämpft. Heute ist die Bedrohung abstrakter und der Feind ist mächtiger: Er heißt „Globalisierung“. Die Regeln des Welthandels nützen den reichen Ländern. Die armen, wie Nicaragua, werden noch ärmer. Ich wünsche mir, dass wir die Kraft aufbringen, diesen Kampf weiterhin ohne Waffen zu führen. Dafür brauchen wir die Solidarität im eigenen Land – und wir brauchen den Austausch auch mit der Bevölkerung der reichen Länder wie Deutschland. Die direkte Begegnung zwischen den Menschen ist unschätzbar wertvoll für die Entwicklung einer gerechten und friedlichen Welt.

Die Beziehungen zwischen Köln und Corinto schienen seit einiger Zeit abgekühlt. Sehen Sie das auch so?

Es gab eine Phase der Distanzierung, der Entfremdung zwischen Corinto und Köln. Das hing zum einen mit dem Machtwechsel in Nicaragua 1990 zusammen. Speziell zwischen den Administrationen von Köln und Corinto hat es eine längere Sendepause gegeben. Wir müssen die Beziehungen dringend wieder verbessern. Wir profitieren davon ökonomisch, aber auch zwischenmenschlich. Wir hoffen, mit der Hilfe von Köln Zugang zu den Entwicklungsfonds Deutschlands und der Europäischen Union zu bekommen.

Sie hatten ein sehr dichtes Besuchsprogramm. Warum haben Sie ausgerechnet die Müllverbrennungsanlage in Niehl besucht?

In Corinto haben wir ein Problem wegen der mangelnden Hygiene. Unsere Mülldeponien ziehen Ratten an, und die verursachen Krankheiten. In unserem Fall lohnt es sich nicht für eine private Firma, die Entsorgung zu übernehmen, wie hier in Köln. In der Nähe von Corinto gibt es aber eine kleine, privat betriebene Müllverbrennungsanlage. Wir wollen mit den Eignern kooperieren, damit weniger Müll auf die Deponie muss. Eine Mitarbeiterin unserer Gemeinde hospitiert nun für ein Jahr bei den Betreibern der Kölner Müllverbrennungsanlage.

Abgesehen von der Technologie – was wünschen Sie sich für die Zukunft der Beziehungen mit Köln?

Ich wünsche mir noch mehr Austausch – von Schülern, Studenten, Arbeitern, allen Bevölkerungsteilen. Die Projekte, die aus der Städtepartnerschaft entstanden sind, wie der Aufbau des Krankenhauses oder die vielen Schulpartnerschaften, müssen weiter gepflegt werden. Mit dem Besuch in Köln haben wir einen wichtigen Schritt für die Wiederbelebung der Städtepartnerschaft gemacht.