Unterstützung ja, Einmischung nein

Die Außenminister des Irak und seiner Anrainerstaaten treffen sich zwei Tage lang in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Das wichtigste Thema ist die Sicherheit, vor allem das Einsickern von ausländischen Kämpfern über die Grenzen des Landes

AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY

Mit einer Warnung, dass die Instabilität im Irak auch auf die Nachbarn übergreifen könnte, eröffnete der irakische Außenminister Hoschjar Sebari gestern eine Konferenz der Anrainerstaaten des Irak in Kairo. Bagdad erhofft sich von dem Treffen, an dem Iran, Kuwait, Jordanien, Saudi-Arabien, Syrien und die wichtige Regionalmacht Ägypten teilnahmen, eine spürbare Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen.

Bisher hat die neue Regierung in Bagdad versucht, die Nachbarn freundlich zu stimmen, und gleichzeitig die Forderung unterstrichen, sich nicht im Irak einzumischen. Ministerpräsident Ajad Allawi sprach in Festreden von Beziehungen zu den Nachbarstaaten, die auf Freundschaft, Brüderlichkeit und gemeinsamen Interessen basieren sollten. Außenminister Sebari bezichtigt die Nachbarländer dagegen immer wieder der „Unterstützung islamischer Terroristen“. Viele der ausländischen Kämpfer kämen von außerhalb, aus dem Iran, Syrien, Saudi-Arabien, Kuwait und Jordanien, um, wie er sagt, „in ihrer schrägen Logik Rechnungen mit den Amerikanern, den Kreuzfahrern oder Ungläubigen zu begleichen“. Dabei müssten diese von den Anrainerstaaten aus die Grenze zum Irak überquert haben, denn „schließlich“, so Sebari, „sind sie nicht vom Himmel gefallen“.

Übrigens spricht die Statistik gegen die offizielle irakische Darstellung, dass hinter dem Großteil der Anschläge ausländische Dschihad-Kämpfer stecken. Seit August 2003 wurden 17.700 Menschen von den Besatzungstruppen als „feindliche Kämpfer oder Sicherheitsrisiko“ festgenommen, darunter nur 400 Ausländer. Zurzeit befinden sich in der gleichen Kategorie 5.700 in Haft, unter ihnen lediglich 90, die nicht aus dem Irak stammen.

Auch wenn offenbar weniger Kämpfer über die Nachbarländer einsickern als behauptet, ist klar, dass diese handfeste Interessen verfolgen. Der Türkei geht es in erster Linie darum, die Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden zu bremsen. Die iranische Regierung versucht vor allem, Einfluss auf die schiitische Bevölkerungsmehrheit zu nehmen. Abgesehen von den direkten Kontakten Teherans mit den schiitischen politischen Gruppierungen im Irak und einigen Geistlichen ist der iranische Geheimdienst auch unter den tausenden iranischen Wallfahrern präsent, die zu den heiligen schiitischen Stätten pilgern. Vor zwei Wochen wurden zwei Iraner mit Taschen voll Sprengstoff in Bagdad festgenommen. Am Montag zitierte die in London erscheinende arabische Zeitung Al-Schark Al-Awsat den irakischen Verteidigungsminister Hasem Schaalan mit den Worten: „Die iranische Einmischung ist gewaltig und seit der Errichtung des irakischen Staates beispiellos.“

Syrien hat wahrscheinlich seine Finger bei der Guerilla im sunnitischen Dreieck im Spiel. Erst im Mai hatte Washington gegen Damaskus Sanktionen verhängt, auch mit dem Argument, dass zahlreiche Dschihad-Kämpfer von Syrien aus in den Irak gelangen. Doch die Lage hat sich inzwischen etwas entspannt. Damaskus und Bagdad haben sogar wieder gemeinsame Grenzpatrouillen vereinbart.

Bleiben die langen Grenzen zu Saudi-Arabien und Jordanien. Für die Saudis ist die Grenze nur schwer zu kontrollieren. Außerdem war man bislang vielleicht eher erleichtert, wenn sich vom Dschihad beseelte Jugendliche lieber im Nachbarland betätigten. Laut jüngsten Berichten kehren nun einige von ihnen zurück, um den Kampf in ihrer Heimat fortzusetzen.

Bleibt Jordanien und dessen König Abdallah, der die Destabilisierung des Irak unlängst als ein gefährliches Spiel bezeichnet hatte. „Ich hoffe, dass alle Nachbarn sicherstellen, dass so etwas nicht passiert, weil kein Land im Nahen Osten daraus unbeschadet hervorgehen würde“, hatte er erklärt und hinzugefügt: „Wenn uns die Iraker um Hilfe bitten, werden wir uns nicht verweigern. Sagt uns, was ihr braucht, und ihr habt unsere hundertprozentige Unterstützung – auch militärisch.“ Er wurde jäh von Bagdad abgebremst. Die Regierung hofft zwar auf mehr Kooperation im Sicherheitsbereich und strengere Grenzkontrollen, aber mehr auch nicht. Wie es der stellvertretende irakische Außenminister Hamid al-Bajati fasst: „Die Nachbarstaaten verfolgen nur ihre eigenen Interessen, und zu viel Engagement ihrerseits würde die Lage nur noch mehr komplizieren.“