Kerrys Helfer soll ein Dieb sein

Clintons Ex-Sicherheitsberater Samuel Berger des Diebstahls von Regierungsdokumenten beschuldigt

WASHINGTON taz ■ Die seit Wochen aus den Negativschlagzeilen nicht mehr herauskommende US-Regierung bekommt eine kurze Verschnaufpause. Und die Republikaner im Kongress reiben sich schadenfroh die Hände. Endlich haben auch die Demokraten ihren Skandal. Rechtzeitig vor ihrem am Sonntag beginnenden Parteitag und der heutigen Veröffentlichung des Abschlussberichts der Untersuchungskommission zu den Anschlägen vom 11. September.

Wie am Dienstag bekannt wurde, ermittelt die Bundespolizei FBI gegen den früheren Sicherheitsberater von Präsident Bill Clinton, Samuel Berger. Er soll geheime Regierungsdokumente aus dem US-Nationalarchiv entwendet haben. Sein Haus und Büro wurden bereits durchsucht.

Die Sache ist für die Demokraten mehrfach unangenehm: Berger wurde bisher im politischen Establishment weitgehend respektiert, nahm Clinton gegen die Vorwürfe, zu wenig gegen al-Qaida getan zu haben, in Schutz und fungierte als informeller Berater von Präsidentschaftskandidat John Kerry. Von diesem Posten trat er umgehend zurück.

Berger räumte ein, einige Unterlagen aus Versehen eingesteckt zu haben. „Ich habe einen Fehler gemacht, den ich tief bedauere“, sagte er reuevoll. Er hatte sich in das Archiv begeben, um seine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zu den Anschlägen vom 11. September vorzubereiten. Die Dokumente habe er inzwischen zurückgegeben, erklärte er. Ein Geheimdienstbericht über mögliche Terroranschläge zu den Jahrtausendfeiern 2000 sei jedoch unauffindbar.

Die Ermittlungen gegen Berger wurden bereits im vergangenen Oktober eingeleitet, kurz nachdem Archivmitarbeitern der Verlust der Dokumente aufgefallen war. Doch erst Montagnacht ließ die US-Regierung diese Information an eine Nachrichtenagentur durchsickern – drei Tage bevor die „9/11“-Kommission Präsident George W. Bush Versagen im Antiterrorkampf vor den Attentaten auf New York und Washington bescheinigen wird. Die Demokraten wittern daher den Versuch, die Aufmerksamkeit vom Abschlussbericht umzulenken. Überdies solle Berger diskreditiert werden.

Republikaner zeigten sich von dem Vorfall demonstrativ „schockiert“ und waren den ganzen Tag bemüht, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen – das Vergehen wird maximal mit einer Geldstrafe geahndet. Auch wenn das FBI Berger volle Kooperation bescheinigt und Rechtsexperten davon ausgehen, dass der Fall alsbald zu den Akten gelegt sein wird, dürfte Bergers Ruf vorerst beschädigt sein. Als möglicher Außenminister bei einem Wahlsieg Kerrys kommt er wohl nicht mehr in Frage.

MICHAEL STRECK