Sozialamt zahlt Bleibe am Strand

Oberverwaltungsgericht in Lüneburg: Deutscher in Miami muss unterstützt werden

BERLIN taz/dpa ■ Die Sozialneiddiskussion in Deutschland erhielt jetzt frisches Futter: Das Landessozialamt Niedersachsen muss einem Deutschen die Miete für eine 875 Dollar teure Wohnung in Florida zahlen. Das entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg (Aktenzeichen: OVG 4 ME 310/03). Der 64-Jährige aus dem Regierungsbezirk Hannover hatte nach seiner Scheidung und dem Verlust seiner Arbeitsstelle von Deutschland aus eine Wohnung am Strand von Miami gemietet.

Das Bundessozialhilfegesetz sieht die Unterstützung von Deutschen im Ausland eigentlich nur in „besonderen Notfällen“ vor. Ursprünglich sollte der mittellose Mann daher auch gar keine Sozialhilfe bekommen. Dagegen hatte er schon einmal vor dem OVG geklagt. Die Richter entschieden, dass ihm Sozialhilfe in Florida gezahlt werden müsse. Ein Psychiater hatte dem Kläger bescheinigt, dass ihm ein Leben in Deutschland nicht zumutbar sei.

Als der Mann die 875 Dollar teure Wohnung in Strandnähe anmietete, weigerte sich das Sozialamt in Hannover, die hohen Unterkunftskosten zu tragen. Daraufhin klagte der er zuerst vor dem Verwaltungsgericht Hannover. Dort biss er auf Granit, die Klage wurde abgewiesen. Der zuständige Richter ermittelte per Internetrecherche, dass es ein umfangreiches Angebot billigerer Wohnungen in Miami gebe. Zudem stellte das Gericht fest: „Eine Strandnähe ist nicht geboten“ (Az.: 7 B 2568/03).

Der Mann zog erneut vor das OVG in Lüneburg. Die Richter dort kamen zu dem Schluss, die Wohnung sei zwar unangemessen teuer. Dem Kläger müsse man aber zumindest sechs Monate Zeit geben, damit er vor Ort in Ruhe eine billigere Wohnung finden könne. Von Deutschland aus seien seine Suchmöglichkeiten beschränkt gewesen.

Insgesamt zahlt der deutsche Staat an rund 1.000 im Ausland lebende deutsche BürgerInnen etwa 5,5 Millionen Euro Sozialhilfe im Jahr. Oft haben die Empfänger schon lange ihren Lebensmittelpunkt im Ausland, bevor sie in Not geraten. Zudem erhalten auch einige Häftlinge in ausländischen Gefängnissen Sozialhilfe, falls Verpflegung oder Gesundheitsversorgung dort unzureichend sind. BD