Verkehrsrevolution für Großbritannien

Infrastrukturplan von Labour: Kilometergeld statt Kfz-Steuer. Neue Bahnlinie durch London. Realistisch?

DUBLIN taz ■ „Wie soll das bezahlt werden?“, fragte Rufus Barnes, „und vor allem: Wer soll das bezahlen?“ Barnes ist Sprecher der Passagiere der Londoner Verkehrsmittel. Er reagierte auf das Projekt „Crossrail“, eine neue Bahnlinie für London, die 10 Milliarden Pfund kosten soll.

Crossrail ist Teil des neuen Zehnjahresplans für das Transportwesen in Großbritannien, den die britische Regierung gestern vorstellte. Vieles, was Transportminister Alistair Darling ankündigte, blieb jedoch vage Zukunftsmusik. So will man in 10 bis 15 Jahren die Kraftfahrzeug- und Benzinsteuer durch eine Straßenbenutzungsgebühr ersetzen. Autofahrer müssen dann bis zu 1 Pfund und 34 Pence Maut pro Meile – das sind 1,6 Kilometer – bezahlen. Darling räumte ein, dass es eine „ziemlich komplexe Aufgabe“ sei, ein System für die Erhebung der fälligen Gebühren einzurichten. Er fügte jedoch hinzu, dass dadurch die Staus halbiert und Kosten von 12 Milliarden Pfund im Jahr eingespart werden können. „Nichts zu tun wäre unverantwortlich und würde künftige Generationen zum Warten verurteilen und verheerende Umweltschäden anrichten“, sagte er.

Versuchsprojekte sollen in den nächsten Jahren starten. Tony Bosworth von der Umweltschutzorganisation Friends of the Earth sagte: „Straßenbenutzungsgebühren sind zu begrüßen, aber die sind kein Zaubermittel. Sie müssen Teil einer Regierungsstrategie sein, bei der mehr Gelder in den öffentlichen Verkehr fließen – und zwar jetzt und nicht erst in zehn Jahren.“ Einige Straßenbahnprojekte, die im ursprünglichen Transportplan von 2000 vorgesehen waren, werden aber eingemottet. Stattdessen gibt die Regierung 340 Millionen für Verbesserungen des öffentlichen Nahverkehrs in der Hauptstadt aus, um Londons Chancen für die Ausrichtung der Olympischen Spiele im Jahr 2012 zu erhöhen.

Crossrail, das größte Infrastrukturprojekt seit einer Generation, wird aber nicht rechtzeitig fertig sein. Diese neue Bahnlinie soll Heathrow und West-London mit der City und dem neuen Geschäftszentrum in Canary Wharf verbinden. Die Strecke soll auch mehrere Anschlüsse an die U-Bahn erhalten. Abzweigungen könnten in die reichen Grafschaften Essex und Kent im Südosten Englands führen. Geplant sind 24 Züge pro Stunde und Richtung – genug für 160.000 Passagiere im morgendlichen Berufsverkehr. Die Regierung hat vorerst 154 Millionen Pfund lockergemacht, um die Durchführbarkeit des Projekts zu untersuchen. RALF SOTSCHECK