Hoffen auf Normalisierung

Nach der Übergabe des Hafens von Monrovia kommen die ersten Hilfslieferungen nach Liberia. Doch die Rebellen haben sich nicht vollständig zurückgezogen und stellen neue Forderungen. Die Friedensgespräche in Ghana verlaufen stockend

aus Monrovia HAKEEM JIMO

Der Hafen von Monrovia gilt in diesen Tagen als Schicksalsort für die Menschen im Zentrum der liberianischen Hauptstadt. Nach der Übernahme des Freihafens am vergangenen Donnerstag durch die nigerianisch geführte Friedenstruppe kommen die ersten Hilfslieferungen in die Stadt. Am Samstag machte das zweite Schiff mit Hilfsgütern fest. Hunderte von hungrigen Menschen warteten am Eingang des Hafens auf etwas Essbares. Andere Hilfswerke wie der deutsche Ableger von Oxfam haben Nahrungsmittel, Wasser und Überlebenspakete per Flugzeug geschickt.

„Die nächsten zwei bis drei Monate braucht das Land Nahrungsmittel von außen“, sagte Jacques Paul Klein, der Sondergesandte von UN-Generalsekretär Kofi Annan in Liberia. Vor allem in der zweitgrößten Stadt Buchanan soll die Versorgung der Menschen katastrophal sein. In Monrovia scheint sich die Lage etwas zu stabilisieren. Auf der Regierungsseite kommen die Leute an Waren heran, die es bislang nur auf dem ehemaligen Gebiet der Lurd-Rebellen („Vereinigte Liberianer für Versöhnung und Demokratie“) gab. Läden und Apotheken öffnen wieder. Die Menschen hoffen, dass heute auch die Banken wieder arbeiten. Zurzeit kommen die Liberianer nicht an Geld heran – weder von ihren Konten noch von Verwandten und Freunden im Ausland.

Klein forderte eine Stärke der für den Herbst geplanten UNO-Friedenstruppe von rund 15.000 Soldaten. „Die anfänglichen Probleme der UNO-Mission in Sierra Leone resultierten aus der ungenügenden Anzahl an Truppen“, sagte der UNO-Chef für Liberia. Denselben Fehler wolle man hier nicht noch mal begehen. Man müsse von Anfang an im gesamten Land Präsenz zeigen, inklusive der Grenzen, fordert Klein.

Der Kontrolle über den Hafen ging die Fahrt der Friedenstruppen über die beiden Brücken Monrovias voraus. Auf beiden Seiten waren die Menschen außer sich vor Freude. Aber die Friedenstruppen verhinderten womöglich ein Chaos und ließen am ersten Tag nur Unterhändler und Journalisten über die Brücke. Das geteilte Monrovia feierte zwangsläufig getrennt. Erst am Freitag wurden dann die Brücken für alle freigegeben.

Die USA beteiligen sich mit 200 Marines auf liberianischem Boden. Weitere 2.100 sind auf drei Kriegsschiffen vor der Küste stationiert. Die Stärke der nigerianischen Friedenstruppen wird seit dem Wochenende auf zwei Bataillone mit je rund 800 Soldaten beziffert.

Obwohl die nigerianischen Truppen den Hafen abriegelten und auch im umliegenden Gebiet Präsenz zeigen, kommt es zu Zwischenfällen. Auf der ehemaligen Rebellenseite wird weiter geplündert. Die Vorräte von Hilfswerken und der Regierung im Hafengebiet sind zum Großteil gestohlen. Seit der Öffnung der beiden Brücken kommen Berichte von Augenzeugen, Rebellen hätten vermeintliche Milizionäre der Regierung im Hafengebiet aufgegriffen, abtransportiert und teils am nahe gelegenen Strand erschossen. Von mindestens sechs Getöteten ist die Rede. Das bedeutet, dass sich nicht alle Rebellen wie vereinbart über den Fluss Po, rund 20 Kilometer außerhalb der Stadt, zurückgezogen haben.

Außerdem drohten die Lurd-Rebellen, dass innerhalb von vier Tagen alle Milizionäre der Regierung Monrovia verlassen müssten. Die UNO wies dieses Ultimatum zurück und sagte, sie kümmere sich um die Entwaffnung. Die Friedensverhandlungen in Ghana stocken ohnehin, weil die Lurd-Rebellen die Posten des Vizepräsidenten und des Parlamentssprechers für sich fordern. Die Friedensvermittler der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikas, der UNO und der USA wollen keiner der am Bürgerkrieg beteiligten Parteien Posten in der Übergangsregierung ab Oktober überlassen. Ungeachtet dieses Streits sollen die Gespräche nach Angaben des ghanaischen Außenministeriums jedoch fortgesetzt werden.