Eichel entdeckt sein Herz für die Umwelt

Das Finanzministerium will die Entfernungspauschale jetzt nur für Autofahrer kürzen. Opposition und Lobbys reagieren mit heftiger Kritik

aus Berlin MARIUS ZIPPE

Wieder geht ein Aufschrei durch das Land. Die geplante Kürzung der Entfernungspauschale soll nur noch Autofahrer treffen, nicht aber Bus- und Bahnfahrer. Das Bundesfinanzministerium bestätigte am Wochenende entsprechende Berichte. Es folgten die unvermeidlichen Proteste von Lobbyverbänden, der Opposition, aber auch von Politikern der rot-grünen Koalition.

Nach dem Plan des Bundesfinanzministers Hans Eichel (SPD) sollen Autofahrer die ersten zwanzig Kilometer ihres Weges zwischen Wohnung und Arbeit nicht mehr von der Steuer absetzen können. Die Tickets für öffentliche Verkehrsmittel hingegen erkennt das Finanzamt weiterhin an. Im Gesetzentwurf werden „umweltpolitische Gründe“ für die Begünstigung der Nichtautofahrer angeführt.

Bislang können Pendler unabhängig von dem benutzten Verkehrsmittel eine Entfernungspauschale in der Steuererklärung geltend machen. Für die ersten zehn Kilometer bekommen sie 36 Cent angerechnet, für jeden weiteren Kilometer 40 Cent. Nach dem Gesetzentwurf soll es nun generell ab dem 21. Kilometer 40 Cent geben.

Weil Hans Eichel wegen der vorgezogenen Steuerreform ab 2004 gewaltige Löcher im Staatshaushalt stopfen muss, war die Kürzung der Entfernungspauschale schon länger geplant. Im Gespräch war zum Beispiel die Halbierung der Pauschalen. Andere Vorschläge sahen den Wegfall der Entfernungspauschale aller Pendler für die ersten zwanzig Kilometer vor. Damit wollte die Regierung Steuersubventionen von zunächst 1,2 Milliarden Euro einsparen.

Viele Freunde hat Hans Eichel mit seinem Gesetzentwurf zur Entfernungspauschale noch nicht gefunden. Schäumend kündigte ADAC-Präsident Peter Meyer am Wochenende „massiven Widerstand“ an. Meyer sprach von einem „Skandal“ und „ideologischen Gefechten auf dem Rücken der Autofahrer“. Der ADAC erwäge eine Klage wegen steuerlicher Diskriminierung, weil besonders auf dem Land viele Pendler keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen könnten.

Auch Unionschefin Angela Merkel meldete sich mit ihrer Lieblingsdrohung zu Wort. Gegen den Gesetzentwurf, den sie eine „abenteuerliche Ungerechtigkeit“ nannte, werde es im Bundesrat Widerstand geben.

Bei der Durchsetzung der Pläne dürfte das Finanzministerium aber auch auf Unmut in der Koalition stoßen. Nach den Worten des SPD-Fraktionsvizes Michael Müller sei mit dem Finanzminister und den Fraktionen der Grünen und der SPD die gleichmäßige Kürzung der Entfernungspauschale bei allen Pendlern verabredet worden. Müller nannte es „völligen Unsinn, die Autofahrer bei der Entfernungspauschale auzugrenzen. Das Finanzministerium prescht hier völlig grundlos vor.“

Ein Lob gab es aber doch. Es kam – wen wundert’s – von der Deutschen Bahn. Eine Sprecherin bezeichnete den Gesetzentwurf als „einen Schritt für faire Rahmenbedingungen im Verkehrssektor“.