„ Mehr Akzeptanz für das Feuer“

Gegen Waldbrände hilft die stärkere Anpflanzung von Mischwäldern, sagt der Freiburger Waldexperte Jürgen Bauhus. Waldbrände gehören aber auch zum Ökosystem

taz: In Südeuropa, vor allem in Portugal, tobten verheerende Waldbrände. Warum gab es bei uns nur kleinere Brände, obwohl die Wälder genauso trocken sind?

Jürgen Bauhus: In Südeuropa sind die Wälder lichter. Deshalb entwickelt sich mehr Unterschicht, zum Beispiel Gräser und mediterrane Sträucher, die sehr leicht brennen. Außerdem gibt es Unterschiede bei den Baumarten, einige sind wegen der chemischen Zusammensetzung ihrer Blätter oder Nadeln sehr leicht entflammbar.

Eukalyptus zum Beispiel?

Genau. Eukalypten sind geradezu prädestiniert für Waldbrände – sie haben sich in ihrer Evolution mit dem Feuer entwickelt. Eukalypten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet brauchen Feuer, das die Unterschicht beseitigt – nur so kann sich der Wald verjüngen.

Welche Wälder sind hierzulande besonders gefährdet?

Die Kiefernwälder. Die Kiefer wächst dort, wo es sowieso besonders trocken ist, vor allem in den nordöstlichen Bundesländern. Dazu kommt, dass Kiefernwälder recht licht sind und deshalb oft eine von Gräsern dominierte Unterschicht haben, die das Feuer tragen. Die zunehmenden Stickstoffeinträge sorgen dafür, dass diese Unterschicht, vor allem Gräser, noch zunimmt. Die Eutrophierung der Wälder erhöht somit auch die Waldbrandgefahr.

Was kann man zur Vorbeugung tun?

Sinnvoll ist ein Wechsel in den Baumarten – Mischwälder brennen weniger. Laub ist nicht so leicht entflammbar wie Kiefernnadeln. An sehr trockenen Standorten, an denen es keine Alternative zur Kiefer gibt, sollte man darauf achten, dass über verschieden hohe Baumschichten keine Feuerleitern entstehen: Die Flammen sollen möglichst auf dem Waldboden bleiben und nicht in die Kronen klettern, wo sie schwer zu bremsen sind.

Brandstiftung und Blitzeinschläge wird es immer geben – lassen sich Waldbrände überhaupt verhindern?

Nein. Die Frage der Vorbeugung ist wichtig, wichtiger ist aber, die Auswirkungen eines Feuers zu minimieren. In einigen Ländern, etwa in Australien und Nordamerika, hat man eingesehen, dass Feuer unvermeidbar sind. In großen Nadelwäldern lässt sich eine unkontrollierte Ausbreitung von Waldbränden zum Beispiel durch Laubholzstreifen oder Brandschneisen vermeiden.

Inwiefern muss die Politik umdenken?

Ein Umdenken hat bereits stattgefunden: In den Waldbaurichtlinien der Bundesländer wird bereits Wert auf eine größere Natürlichkeit der Wälder gelegt. Nadelholz-Monokulturen sind sicherlich nicht der richtige Weg. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle, zum Beispiel die Wildbewirtschaftung – in Gegenden mit hoher Wilddichte ist es sehr schwierig, Nadelholzwälder in Laubwälder umzuwandeln. Schließlich könnte es eine Aufgabe der Politik sein, eine gewisse Akzeptanz für das Feuer zu schaffen. Die Kiefer hätte sich nicht auf natürliche Weise in ihrem ostdeutschen Verbreitungsgebiet gehalten, wenn es nicht immer wieder Feuer gegeben hätte. Studien in Nordamerika und Australien haben gezeigt, dass die Biodiversität in bestimmten Wäldern von Bränden sogar profitiert. Feuer gehört zum Ökosystem.

INTERVIEW: BERND MIKOSCH