Köpenickiade um linkes Open-Air-Fest

PDS und SPD wollen ein antifaschistisches Festival in Köpenick verbieten. Grund: Ein Park würde leiden. Heute entscheidet das Verwaltungsgericht

von HEIKE KLEFFNER

Carl Zuckmayer und sein Hauptmann von Köpenick hätten sich ein Drehbuch übers Verbot für das linke Open-Air-Festival „Köpenicker Kontrollverluste“ kaum schöner ausdenken können. „Die von Ihnen beantragte Veranstaltung würde eine erhebliche Beeinträchtigung des Erholungswerts der Parkanlage darstellen“, schreibt Michael Schneider, PDS-Stadtrat für Umwelt und Grün, an die Veranstalter des Festivals. Ob das Verbot rechtens ist, entscheidet heute das Verwaltungsgericht.

Das Anliegen der Organisatoren: Am Samstag soll es auf dem Platz des 23. April, in der Nähe des S-Bahnhofs Köpenick und direkt am Mahnmal für die Köpenicker Blutwoche, ein linkes, nichtkommerzielles Festival geben. Mit Ska-Bands aus Frankreich, Jazzcore aus Kanada und HipHop aus Köpenick, mit einer Hüpfburg und Leckereien für alle. Und mit politischen Zielen: „Wir wollen ein selbst verwaltetes Jugendzentrum in Köpenick und eine Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und dessen historischen Wurzeln im Bezirk“, sagt Peter Schmidt von den Festival-Organisatoren.

„Wir haben die Entscheidung abgewogen“, verteidigt Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) seinen PDS-Stadtrat. „Hinter dem Schutz der Grünanlagen muss das öffentliche Interesse zurückstehen.“ Hinter verschlossenen Türen fallen deutlichere Worte im Bezirksamt. Es gebe gar kein öffentliches Interesse an dem Festival, heißt es aus der PDS, und von PDS-Stadtrat Michael Schneider wird der Ausspruch kolportiert, die Festivalbesucher „sind nicht unsere Jugendlichen“.

Peter Schmidt, Sprecher des Veranstalterbündnisses, dem unter anderen die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), der Kinderring Berlin e. V. sowie der Verein Libatee angehören, hält den Verbotsbescheid ohnehin nur für vorgeschoben. Schmidt berichtet von einem Ortstermin, bei dem der zuständige Revierpfleger den Organisatoren mehrfach versichert hatte, dass mit Änderungen im Konzept alles machbar sei. „Sogar die Hüpfburg wollte der Revierpfleger vom Bürgersteig auf den Rasen verlegen.“

Ronni Ziller, Landesvorsitzender der VVN/BdA und Anmelder des Festivals, ist überzeugt, dass Umweltstadtrat Schneider & Co. nicht mit offenen Karten spielen. „Das Bezirksamt hat Angst, wenn sie ein linkes Festival genehmigen, dass dann die NPD ankommt und auch eine öffentliche Veranstaltung machen will.“

Peter Schmidt kritisiert: „Während die NPD still und heimlich eine Baugenehmigung für ein Schulungszentrum vom Bezirksamt bekommt, wird ein eintägiges linkes Festival verboten.“

Auch mit möglichen Ersatzorten tut sich der Bezirk schwer: „Der Ausweichantrag auf ein Straßenfest ist vom Tiefbauamt genehmigt, aber von der Polizei abgelehnt worden“, sagt Bürgermeister Ulbricht. Vielleicht komme ja noch ein Sportplatz an der Wuhlheide in Frage. Nach dem Veranstalter des Festivals und ihren Zielen befragt, gerät Ulbricht ins Schlingern: „Ich kenne das politische Anliegen des Vereins nicht so richtig, außer dass sie das Mahnmal für die Blutwoche behalten wollen. Dass die ein selbst verwaltetes Jugendzentrum wollen, ist mir völlig neu.“ Die Initiative müsse „nur wachsen“, fügt er hinzu.

„Da wird von uns die Quadratur des Kreises verlangt“, findet Peter Schmidt. „Erst sollen wir beweisen, dass wir etwas auf die Beine stellen können. Dann wird unser Festival verboten, und dann heißt es wieder, wir könnten ja gar keine Aktivitäten vorweisen.“ Entmutigen lassen sich die Festivalorganisatoren trotzdem nicht. Schließlich wurden die „Köpenicker Kontrollverluste“ schon im vergangenen Jahr verboten. Daraufhin demonstrierten 350 Besucher in der Altstadt. „In diesem Jahr wird das Festival auf jeden Fall stattfinden“, versichert Schmidt. „Die Reaktion des Bezirks zeigt doch, dass Köpenick nichts dringender braucht als Kontrollverluste.“