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berliner szenen Keine Jugendbewegung

Raus aus Myspace

Ich habe mein Myspace-Profil gelöscht. An einem Sonntagnachmittag, nach Kaffee und Zeitung im Bett. Vielleicht weil ich irgendwas Krasses machen wollte, vielleicht weil alle nur noch von Facebook reden, vielleicht weil es mich einen Scheißdreck interessiert, wer gerade einen Hexenschuss hat oder sich freut, dass Puppsi und Schnuppsi heute Geburtstag haben. Vielleicht auch deswegen, weil immer, wenn ich mit meiner Mutter telefonierte, sie merkwürdig genau informiert nach meinem Sozialleben fragte. Bis ich rausbekam, dass sie mir hinterherspionierte. Im Internet. Als ich einmal in dieses Feld, in das man seine Stimmung eintragen kann, „Ich möchte doch nur Teil einer Jugendbewegung sein“ schrieb, rief sie an und fragte, warum ich denn nie bei Greenpeace mitgemacht hätte!

Das ist nun vorbei. Allerdings ist auch eine Menge anderes vorbei. Ich bekomme weniger E-Mails, ich weiß nicht mehr, was Hanni und Nanni am nächsten Wochenende machen, und bei meinem morgendlichen Kontrollspaziergang durchs Netz fühlt es sich so an, als sei ein ganzer virtueller Stadtteil plötzlich verschwunden. Die ersten SMS mit besorgten Nachfragen und spitzen Bemerkungen, ob das etwa hilfreich wäre, um Teil einer Jugendbewegung zu werden, kamen schon.

Aussteiger stören das System, klar. Aber noch bereue ich nichts. Ich habe nur ganz kurz überlegt, ob ich mir ein Profil unter anderer Identität anlegen sollte. Ärgern tut mich allerdings, dass ich keine Pornobilder in mein Profil geladen habe, um mich vom Betreiber der Seite löschen zu lassen. Denn dann wäre da, wo ich einst war, jetzt ein rotes Kreuz mit der Überschrift „Deleted“. Nun gibt es mich einfach nicht mehr. LAURA EWERT

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