Die Geiseln sind frei

Auch die Tatsache, dass sich die Rückkehr der Entführten gestern weiter verzögerte, konnte die Freude nicht trüben

von BEATE SEEL

Für die 14 Entführten, ihre Angehörigen und Freunde war es eine Zitterpartie bis zum Schluss. Nachdem es bereits am Montag geheißen hatte, die Geiseln würden am Abend am Köln-Bonner Flughafen eintreffen, kam es auch gestern, nach der offiziellen Bestätigung ihrer Freilassung, zu weiteren Verzögerungen bei der Ausreise aus Mali. Nach Angaben der Behörden aus der Stadt Gao befanden sich die Sahara-Touristen gestern Nachmittag auf dem Landweg in die Stadt und hätten noch eine rund zweistündige Fahrt vor sich. Von dort aus sollten sie mit einer Transall der Bundeswehr in die 1.000 Kilometer südlich gelegene Hauptstadt Bamako gebracht werden und dann weiter nach Deutschland fliegen.

Ursprünglich sollte eine malische Militärmaschine die Sahara-Urlauber in dem Wüstenort Tessalti abholen. Doch das Flugzeug kehrte kurz nach 10 Uhr Ortszeit ohne die freigelassenen Geiseln nach Gao zurück. Seitens des Flughafens verlautete, vor dem Transport der Entführten seien zunächst die seit Sonntag in der Gegend von Tessalit stationierten Soldaten abgezogen worden. Dies diene der Sicherheit der Urlauber, denn die Entführer hielten sich weiter in der Region auf und drohten wegen der Militärpräsenz nervös zu werden. Die ehemaligen Geiseln befänden sich in den Händen von Mittelsmännern. Anderen Angaben zufolge waren sie in Obhut der malischen Behörden. Nach Angaben der Regierung in Bamako soll es ihnen gut gehen.

Die Übergabe der Geiseln hatte sich am Vortag offenbar verzögert, weil es nicht gelungen war, alle rechtzeitig zusammenzuführen. Möglicherweise spielten auch Wetterbedingungen eine Rolle. Bei den während dieser Jahreszeit üblichen heftigen Regenfällen werden die Ergs, ausgetrockenete Flusstäler, überflutet und können nicht überquert werden.

Bei der Freilassung spielte die Internationale Gaddafi-Stiftung nach eigenen Angaben eine wichtige Rolle. Eine Gruppe Libyer habe in Abstimmung mit Malis Regierung Kontakt mit den Entführern hergestellt, sagte ein Sprecher. Einem Mitarbeiter der Stiftung sei es gelungen, die Höhe des Lösegeldes zu reduzieren.

Bei den 14 Sahara-Touristen handelt es sich um neun Deutsche, vier Schweizer und einen Niederländer. Sie waren am 22. Februar beziehungsweise 8. März auf der so genannten Gräberpiste in der südalgerischen Wüste verschleppt worden. Eine 45-jährige Deutsche war im Juni an einem Hitzschlag gestorben. 17 weitere Urlauber waren Mitte Mai bei einer algerischen Militäraktion befreit worden.

Für die Entführung machte die algerische Regierung die Salafistischen Gruppen für Predigt und Kampf (GSPC) verantwortlich. Der Organisation werden Verbindungen zu al-Qaida nachgesagt. Die GSPC haben sich selbst nie zu den Entführungen bekannt.

Nach der algerischen Befreiungsaktion setzten sich die Entführer mit ihren Geiseln über die Grenze nach Mali ab. Diese Grenzregion, ein extrem unzugängliches Gebiet, entzieht sich der Kontrolle der jeweiligen Staaten. Ganze Guerillabewegungen können spurlos in der Sahara verschwinden, von den Islamisten Algeriens bis zu Rebellen aus dem Tschad. In Mali ist dieses Gebiet eine traditioneller Unruheherd, wo Streit zwischen Tuareg-Clans und arabischen Bevölkerungsgruppen regelmäßig Tote fordern.

Die Region ist auch die Heimat des Tuareg-Führers Iyad ag Ghali, der offenbar als Vermittler auftrat. Bei Temperaturen bis zu 50 Grad am Tag und klirrender Kälte nachts und schlammigem Wasser aus Nomadenbrunnen waren die entführten Urlauber extremen Bedingungen ausgesetzt. Nach sechsmonatiger Gefangenschaft ist ihre Tortur nun beendet. (mit AFP, Reuters)