: Neue Töne bei der Deutschen Welle
Muss ein Unternehmen sparen, trifft es zuerst die freien Mitarbeiter. Der Sender Deutsche Welle beschäftigt zum Beispiel 19 Cutter und Toningenieure nicht weiter. Warum es gerade sie trifft, hat den Betroffenen niemand gesagt
Wie viel Unsicherheit ein „freies Beschäftigungsverhältnis“ mit sich bringt, erleben gerade 19 Toningenieure und Cutter der Deutschen Welle: Ihnen wurde jetzt die Beendigung ihrer Beschäftigung mitgeteilt, einige werden ab Oktober, andere ab Anfang nächsten Jahres nicht mehr im Sender arbeiten können. „Budgetkürzungen von 9 Millionen Euro bis zum Jahr 2006 zwingen uns leider dazu, auch beim Personal zu sparen“, sagt Unternehmenssprecher Johannes Hoffmann. Außerdem habe der Sender in den vergangenen Jahren selbst „Mediengestalter“ ausgebildet, die nun den Arbeitsbereich der freien Cutter und Toningenieure abdecken könnten.
Für die Betroffenen kommt die Mitteilung keineswegs überraschend: Dass gespart werden muss, war schon seit Februar dieses Jahres bekannt. Auch dass es zuerst die Freien trifft, ist nicht weiter verwunderlich – sie genießen keinen Kündigungsschutz. „Was uns alle trotzdem maßlos enttäuscht, ist die Art und Weise, wie man uns das Ende unserer Arbeit mitgeteilt hat“, sagt Florian Reuter*, einer der betroffenen Cutter. „Keiner der Verantwortlichen hat im Vorfeld mit uns darüber gesprochen.“ Außerdem seien die Betroffenen offenbar willkürlich ausgewählt worden: „Wir haben keine Auskunft über die Kriterien erhalten. Man hat uns nur gesagt, dass es nicht an der Qualität unserer Arbeit gelegen habe“, erzählt Reuter. Einige der Freien arbeiten schon seit mehr als zehn Jahren für den Sender, auch eine allein stehende Mutter ist betroffen.
Um ihre Interessen besser vertreten zu können, haben die freien Mitarbeiter jetzt angefangen, sich zu organisieren. „Wir sammeln Unterschriften und fordern die Intendanz auf, die ‚Beschäftigungsbeendigungen‘ zurück zu nehmen“, sagt Florian Reuter. Solidarität von den nicht direkt betroffenen Kollegen gebe es schon, sagt er weiter, nur sei die eben eher verhalten. „Im ganzen Sender herrscht ein Klima der Angst. Da will sich niemand zu weit aus dem Fenster lehnen, schließlich können die Kürzungen jeden treffen.“
Ein gutes Dutzend der Betroffenen hat nun beim Arbeitsgericht Statusklagen gegen die Deutsche Welle eingereicht. „Kaum einer von uns wollte klagen, aber es war für uns die einzige Möglichkeit, die Verantwortlichen dazu zu bewegen, überhaupt mal mit uns zu sprechen“, sagt Reuter. Wegen der schwebenden Klagen will sich auch der Sender nicht öffentlich zu den Kriterien äußern, die bei der Auswahl der betroffenen Cutter und Toningenieure angewandt wurden. Nur so viel: „Wir mussten uns entscheiden, entweder die Arbeitsstunden aller freien Mitarbeiter zu reduzieren oder einige wenige eben gar nicht weiter zu beschäftigen“, sagt Unternehmenssprecher Johannes Hoffmann.
An den Erfolg ihrer Klage glauben die betroffenen freien Mitarbeiter fest – nur wird ihnen ein Erfolg wenig nutzen. Aus dem Personalrat war zu erfahren, dass die Deutsche Welle jedem hineingeklagten Angestellten sofort wieder kündigen wolle. Innerhalb der ersten sechs Monate einer Festanstellung sei das schließlich auch ohne Begründung möglich.
ALENA SCHRÖDER
* Name geändert
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