Der Biobonus zahlt sich aus

Die Messe BioFach wird 20 – und hat auch angesichts der Wirtschaftskrise allen Grund, zu feiern. Der Aufwärtstrend auf dem Ökomarkt setzt sich fort, lediglich etwas langsamer als zuvor, weil die Anbieter der Nachfrage kaum hinterherkommen

VON MANDY KUNSTMANN

In der Vergangenheit konnte die Biobranche immer wieder starke Umsatzsteigerungen verzeichnen. Für das Jahr 2008 rechnet die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) mit einem 8- bis 12-prozentigem Wachstum, was einem Handelsumsatz von 5,7 bis 5,9 Milliarden Euro entspricht. 2007 konnten noch 15 Prozent und 2001 sogar 32 Prozent Zuwachs erreicht werden. Das zeigt: Der Biomarkt boomt weiter, aber nicht mehr so stark wie in den Jahren zuvor. Diese Entwicklung stimmt die Aussteller auf der BioFach, der Weltleitmesse für Ökoprodukte, nicht traurig. Sie geben sich in bester Partylaune, denn die Ausstellung feiert in diesen Tagen ihren 20. Geburtstag.

Wachstum dank Krise

„Die Finanzkrise hat eine bestimmte Gruppe von Konsumenten dazu gebracht, sogar noch mehr Geld für Bioprodukte auszugeben“, meint Alexander Gerber, Geschäftsführer des Bunds Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Diese Leute seien von den undurchsichtigen Strukturen im Bankwesen abgeschreckt und suchten nach Organisationsformen, wie zum Beispiel Kooperativen oder Genossenschaften, die sie mit gutem Gewissen unterstützen können. Diese fänden sich eher in der Biobranche als in der konventionellen Lebensmittelwirtschaft. Zahlen belegen diesen Trend freilich nicht.

Vom 19. bis 22. Februar treffen sich rund 2.900 Aussteller zum Bio-Branchentreff in Nürnberg. Mittlerweile zum 20. Mal versammelt sich der internationale Biomarkt zum jährlichen Branchenfest, um sich über die aktuellen Trends bei Ökoprodukten zu informieren. Schon zum dritten Mal haben Fachbesucher parallel die Möglichkeit, sich auf der Vivaness, der kleinen Messetochter der BioFach, über Naturkosmetik und Wellness zu informieren. Was 1990 in Ludwigshafen mit 240 Ökoanbietern begann, ist inzwischen das Highlight für den nationalen und internationalen Biomarkt. Zum runden Geburtstag verspricht der Messe-Twen den mehr als 46.000 Gästen eine Reihe von Geburtstags-Highlights.

Dazu zählt das neu eingerichtete Textilareal, auf der über vierzig Aussteller von Ökomode und Naturtextilien ihre aktuellen Kreationen präsentieren. „Der Trend zu Green Fashion und ethischem Kaufverhalten ist unübersehbar“, erklärt Udo Funke, Projektleiter BioFach und Vivaness bei der NürnbergMesse. „Da lag es nahe, die Präsentation des Segments Textil auf der Weltleitmesse für Bioprodukte neu zu konzipieren.“ Daneben würdigt die Ausstellung im Jubiläumsjahr die besondere Bedeutung des Naturkost-Fachhandels und lädt am 21. Februar erstmals zum Deutschen Fachhandelstag der BioFach. Doch nicht nur ökologisch, sondern auch fair soll es auf dem Messegelände zugehen. Die Sonderschau „Organic + Fair“ rückt die ganze Vielfalt fair gehandelter Bioprodukte ins Rampenlicht. Egal ob Lebensmittel, Genussmittel, Naturkosmetik oder Textilien – alle gerecht gehandelten und ökologisch produzierten Waren finden dieses Jahr eine Plattform in einer eigenen Halle. Hoch begehrt: Wieder konkurrieren beim Internationalen Weinpreis zahlreiche Ökoweine um die Auszeichnung. Die edlen Tropfen können an den vier Messetagen auch vom Fachpublikum verkostet werden. Weiterer Höhepunkt: Eine Skandinavische Brise zieht 2009 durch die Messehallen. Land des Jahres ist Dänemark.

Fast 20 Prozent der Fachbesucher reisten 2008 ausschließlich wegen der Vivaness nach Nürnberg. In diesem Jahr stellen rund 215 Naturkosmetikhersteller ihre Produkte und Neuentwicklungen vor. Dass die natürliche Pflege und Kosmetik voll im Trend liegt, weiß Marlene Hansen, Vertriebsberaterin des Marktforschungsunternehmens bioVista: „Im Bio-Fachhandel wächst der Bereich Naturkosmetik stärker als das Gesamtsortiment“, erklärt die Fachfrau. „Der Umsatz pro Laden ist 2008 im Vergleich zu 2007 um 0,85 Prozent gestiegen.“ Rechne man alle Naturkosmetikartikel zusammen, die im selben Zeitraum von den Scannerkassen der Bio-Fachhändler erfasst wurden, zeige sich ein Zuwachs von 2,6 Prozent.

Die Riesen spielen mit

Warum der Biomarkt nicht mehr so stark boomt wie früher, weiß BÖLW-Chef Gerber: „Bei stark nachgefragten Produkten, wie Kartoffeln, Dinkel oder Möhren gab es eine Angebotsknappheit und die Nachfrage konnte nicht mit deutschen Produkten gestillt werden.“ Das Marktwachstum sei im Verhältnis größer als das Wachstum der Ökofläche. Ebenso könne der Bedarf nicht ohne Weiteres durch Importe aus dem Ausland abgedeckt werden, denn auch dort dauere es zwei Jahre, um einen konventionellen Betrieb auf Ökolandwirtschaft umzustellen. Trotzdem ist die Branche optimistisch. „Dieses Wachstum zeigt, dass nach wie vor große Potenziale für die Ökologische Lebensmittelwirtschaft bestehen“, so der Geschäftsführer.

Seit einigen Jahren mischen auch Aldi, Lidl und Co. im Geschäft mit den ökologischen Nahrungsmitteln mit. Inzwischen bietet jeder Discounter eine mehr oder weniger große Palette der gesunden Waren an. Mit dem Angebot eines Biosupermarkts können die Billigläden jedoch nicht einmal im Ansatz mithalten. Während die Konsumenten im Discounter zwischen 30 bis 100 Bioartikeln wählen können, wartet ein Ökoriese mit 8.000 Produkten auf. Das kommt den Verbrauchern zugute, die heute viel individueller einkaufen können. „Für bestimmte Lebensmittel gehen die Verbraucher zum Discounter. Andere Dinge, wie zum Beispiel frisches Brot oder bestimmte Milchprodukte, kaufen sie im Bio-Fachhandel“, weiß Gerber.

Seit dem Discount-Supermärkte den Lebensmittelmarkt mit niedrigen Preisen und spartanisch ausgestatteten Geschäftshallen eroberten, war die Stunde der kleinen Tante-Emma-Läden gezählt. Massenhaft schlossen die oft Inhaber geführten Läden. Ein ähnlicher Strukturwandel ist jetzt auf dem ökologischen Lebensmittelmarkt zu beobachten.

„Kleinere Läden werden weniger, größere Geschäfte mit einer Verkaufsfläche ab 300 Quadratmetern nehmen stark zu“, erklärt Gerber. Im letzten Jahr gab es nach Rechnungen des BÖLW bei den großen Biosupermärkten 63 Neueröffnungen und 13 Schließungen. Zwar wurden im selben Zeitraum auch 50 kleine Bio-Fachgeschäfte eröffnet, 84 mussten jedoch schließen. Insgesamt wurden zusätzlich rund 39.000 Quadratmeter Verkaufsfläche geschaffen. Die gesamte Fläche aller Bioläden dürfte zwischen 400.000 und 450.000 Quadratmetern liegen.