ANTIBIOTIKA WERDEN IN DER TIERMAST VIEL ZU LEICHTFERTIG EINGESETZT
: Resistente Verbraucherschützer

Der Fall sollte die Alarmglocken schrillen lassen: Ein dänischer Forscher fand in deutschem Putenfleisch einen Salmonellenerreger, der gegen alle 16 für den Menschen zugelassenen Antibiotika-Gruppen resistent ist. Auch wenn die Pute im vergangenen Jahr geschlachtet wurde, auch wenn kein weiterer Fall dieses Erregers bislang aufgetaucht ist, wie Verbraucherministerium und Robert-Koch-Institut nun verkünden, kann das nicht beruhigen. Denn damit ist passiert, wovor viele lange gewarnt haben: Der massive Einsatz von Antibiotika in der Tiermast machte diesen Erreger resistent gegen eine Behandlung.

Als vor ein paar Jahren eine Frau in Dänemark an Salmonellen starb, weil kein Antibiotikum ansprach, spielte das Bundesamt für gesundheitlichen Verbraucherschutz den Fall noch herunter mit dem Argument, dass die Ursache für die Resistenz der Salmonellen nicht geklärt war. Nun ist sie es offenbar.

Leider ist es noch immer übliche Praxis, Antibiotika zur Tiermast einzusetzen. Tatsächlich legen die Tiere kräftig an Gewicht zu, wenn man ihnen die Medikamente ins Trinkwasser panscht. Vier Antibiotika sind dafür noch zugelassen. Ab 2006 soll es damit dank eines Vorstoßes von EU-Verbraucherkommissar David Byrne dann ganz vorbei sein. Doch die Resistenz des gefundenen Keimes gegen alle 16 Antibiotika-Klassen zeigt, dass das nicht die einzige Ursache sein kann. Offenbar werden neben der Mast noch immer zu viele Antibiotika als Medikamente eingesetzt: für kranke Tiere oder gar zur Prophylaxe der anderen, gesunden Exemplare im Stall. Nicht umsonst kämpfen Veterinäre und Mäster darum, das von Rot-Grün geänderte Arzneimittelrecht wieder aufzuweichen. Die dänischen Messergebnisse beweisen, dass die Medikamente immer noch zu leichtfertig verschrieben werden.

Wenn das Robert-Koch-Institut jetzt erklärt, es gebe keinen Grund zur Panik, geht das deshalb an der Sache vorbei. Man würde sich wünschen, dass zumindest ein, zwei Antibiotika-Sorten für den Menschen reserviert würden – auch das ist nicht der Fall. Angesichts solcher Leichtfertigkeit könnte man schon in Panik geraten. MATTHIAS URBACH