Ein Zwerg probt den Aufstand

Liechtensteins Fürst Hans-Adam II. droht dem Europarat mit Austritt. Grund ist dessen Kritik an Verfassungsänderungen, die den Monarchen weiter stärken

BERLIN taz ■ Der Herrscher über Liechtenstein, Fürst Hans-Adam II., zeigt dem Europarat die Zähne. Anlässlich des Staatsfeiertages am 15. August drohte er mit dem Austritt seines 33.000-Einwohner-Landes aus der Organisation zum Schutz von Demokratie und Menschenrechten.

Grund für die Erregung des Blaublüters ist die Kritik des Europarates an jüngsten Änderungen der Verfassung. Danach darf Fürst Hans-Adam II. jetzt Richter ernennen, die Regierung entlassen und durch Gerichtsbeschluss verordnete Strafen abschwächen oder umwandeln, wie es beliebt. Schon zuvor war er berechtigt, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen zu verordnen. Dabei hatte sich seine Durchlaucht bemüht, das Verfahren zur Verfassungsänderung möglichst demokratisch erscheinen zu lassen, indem er seine Untertanen im März per Referendum abstimmen ließ.

Die Kritik an den „Reformen“ ließ nicht auf sich warten: Im Juni reisten zwei Berichterstatter des Europarats, der Brite Michael Hancock und der Niederländer Eric Jurgens, in das Fürstentum. Von ihrem Bericht hängt ab, ob sich Liechtenstein im September einem Monitoring-Verfahren unterziehen muss.

In seiner fürstlichen Ehre gekränkt, teilte Hans-Adam II. dem Liechtensteiner Vaterland seine Ansichten über den Europarat mit: „Ist der Europarat noch ernst zu nehmen? Und möchte Liechtenstein weiterhin Teil einer internationalen Organisation sein, die ihre Mitglieder vollkommen willkürlich behandelt?“ Auf eine Rücknahme der Verfassungsreform werde er sich auf keinen Fall einlassen, erklärte der Souverän. Die Mitgliedschaft koste Liechtenstein ohnehin nur Geld, schade also mehr, als sie dem Land nütze. Doch kann der finanzielle Aspekt kaum ein Argument für den Austritt sein, meinen die Berichterstatter. Liechtenstein zahlt für seine Mitgliedschaft 93.000 Euro jährlich. Diese Summe deckt nicht mal das Jahresgehalt des Richters, der als Vertreter des Rates in Vaduz sitzt.

„Reichlich merkwürdig“ wäre es nach Aussagen der Berichterstatter, wenn mitten in Europa ein Land aus der Organisation austräte. Dazu war es erst einmal in der Geschichte des Europarats gekommen: 1969 trat Griechenland freiwillig aus und kam damit dem Rat zuvor, der einen Ausschluss wegen der herrschenden Militärdiktatur bereits erwogen hatte. Wenn sich nun Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein mit seiner Austrittsbestrebungen durchsetze, sei das ein Zeichen dafür, dass Liechtenstein keine Demokratie sei.

Die Liechtensteiner Regierung kritisierte die Drohungen des Fürsten. Die Sprecherin des Premierministers Otmar Haslar, Gerlinde Manz-Christ, bezeichnete den Europarat als eine äußerst wichtige,internationale Organisation für Liechtenstein. „Wir wollen weiter aktiv an der Arbeit des Rates beteiligt sein, weil wir die Prinzipien von Demokratie grundsätzlich unterstützen“, sagte sie.

KATHARINA KORELL