Halliburton ist der Kriegsgewinner

Texanischer Mischkonzern stach bislang bei der Auftragsvergabe für den Wiederaufbau des Iraks nahezu alle Konkurrenten aus. Kritiker sagen: Kein Wunder, US-Vizepräsident Dick Cheney war ja dort mal Chef. Und Halliburton stützt die Regierung

aus New York HEIKE WIPPERFÜRTH

Ende letzter Woche war es so weit: Firmen, die sich an der Ausschreibung um milliardenschwere Aufträge zum Löschen brennender Ölquellen und zur Wartung von Raffinerien im Irak beteiligen wollten, mussten ihre Angebote bei der amerikanischen Regierung abgeben. Und obwohl sich die Aufträge als Goldmine erweisen könnten, beteiligte sich Bechtel, der mächtige Baukonzern aus San Francisco, nicht am Wettbewerb. Es wird nämlich gemutmaßt, dass der Mischkonzern Halliburton aus Houston, Texas, schon lange als Sieger feststeht. Bis vor drei Jahren leitete ihn ein Auftragsvergeber: Vizepräsident Dick Cheney.

Es gibt tatsächlich Anzeichen, dass es Vetternwirtschaft in der Bush-Regierung gibt. Erst vor einer Woche wurde einem ehemaligen Studienkollegen und Vorsitzenden des Wahlkampfkomitees von Präsident Bush ein hoher Posten im Irak angeboten. Thomas Foley ist ab dieser Woche für die Entwicklung der irakischen Privatwirtschaft zuständig und hat die Verantwortung über rund 200 Unternehmen übernommen. Foley sagte in Zeitungsberichten, dass er die Arbeit aus Pflichtbewusstsein und nicht als Bezahlung für seine früheren Leistungen angenommen habe.

Kritiker wie der kalifornische Abgeordnete Henry Waxman werfen der Regierung schon seit langem eine Verschleierung ihrer Auswahlkriterien und eine Bevorzugung der Firma Halliburton vor. Ihre Tochter Kellog, Brown & Root erhielt im März einen Exklusivvertrag in der Höhe von rund 7 Milliarden Dollar, um brennende Ölfelder zu löschen und Straßen zu reparieren. Jetzt erhält der Militärdienstleister wahrscheinlich zwei weitere Aufträge von je 500 Millionen zum Wiederaufbau der Ölindustrie.

Ursprünglich wurden die Kriegsfolgeaufträge öffentlich ausgeschrieben, um auch anderen Firmen eine Chance zu geben. Das amerikanische Kriegsministerium gibt die Namen der Bewerber zwar nicht preis, doch eine von ihnen ist die Baufirma Foster Wheeler aus Clinton, New Jersey. Auch Schlumberger, eine Firma aus New York, die Energieprojekte in der ganzen Welt betreut, hat sich offenbar an der Ausschreibung beteiligt. Es geht um 220 Projekte, die in drei Phasen für 1,14 Milliarden Dollar realisiert werden sollen. Erst nach dieser Investition dürfte die Ölproduktion des Irak wieder auf den Stand der Vorkriegszeit kommen.

Gegen die Konkurrenten von Halliburton sprechen auch die Zeitvorgaben der Regierung. Ein Großteil der Arbeit soll bereits Ende des Jahres abgeschlossen sein. Wer bislang noch nicht im Irak tätig ist, dürfte es schwer haben, logistisch die schwierigen Aufgaben vorzubereiten.

Bechtel immerhin hat das Problem nicht. Der Konzern mit 47.000 Angestellten und dem Exaußenminister George Schultz im Aufsichtsrat ist schon seit Kriegsende im Irak tätig. Die Firma baut für 680 Millionen Dollar Krankenhäuser, Flughäfen und Schulen wieder auf. Dennoch hat sich Bechtel jetzt an der Ölausschreibung nicht beteiligt. Offiziell heißt es, Bechtel wolle warten, bis das amerikanische Ingenierkorps die Verantwortung über die Ölprojekte an das irakische Ölministerium übergebe.

Tatsächlich scheinen die Irak-Aufträge Halliburton die Wende zu bringen. Schrieb der Mischkonzern im zweiten Quartal letzten Jahres noch 498 Millionen Dollar Verlust, so sind es in diesem Jahr immerhin 26 Millionen Dollar Gewinn. Rund 9 Prozent oder 324 Millionen Dollar ihres Umsatzes kommen mittlerweile aus dem Irak. In der Zukunft soll das ausgebaut werden. Erst vor einer Woche hat die britische Regierung Halliburton einen dicken Auftrag in Aussicht gestellt – eine Tochterfirma soll britische Soldaten im Irak bei der Bereitstellung von Ausrüstung, Nahrungsmitteln und anderen Dingen unterstützen. Gesamtsumme des Sieben-Jahres-Vertrags: geschätzte 560 Millionen Dollar.

Die US-Regierung wiederum macht über Halliburton Politik – etwa in Bezug auf die so genannten Schurkenstaaten. So berichtete das Handelsblatt, Halliburton vergebe als Generalauftragnehmer des Wiederaufbaus Subaufträge nur an solche ausländischen Konzerne, die sich auf die von der US-Regierung gewünschte Boykottpolitik gegenüber Iran und Libyen festlegen.