Merz verspielt Kündigungsschutz

CDU streitet heftig über Aufhebung des Kündigungsschutzes. Saarlands Regierungschef Müller widerspricht CDU-Kollegen Merz und Wulff. SPD-Chef Müntefering: Union hemmungslos

BERLIN dpa/taz ■ Der Reformstreit in der Union hat mit einer neuen Kontroverse über die Abschaffung des Kündigungsschutzes einen Höhepunkt erreicht. Niedersachsens Ministerpräsident und Bundes-CDU-Vize Christian Wulff unterstützte im Grundsatz Überlegungen von Fraktionsvize Friedrich Merz und bezeichnete den gegenwärtigen gesetzlichen Kündigungsschutz als schädlich im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.

Scharfer Widerspruch kam am Montag vom saarländischen Regierungschef Peter Müller (CDU), dem CDU-Arbeitnehmerflügel und der CSU. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sprach von einem „neuen Höhepunkt an Zynismus“, die Bundesregierung von „radikalen Phrasen“ aus der CDU. Rot-Grün lehnt eine weitere Lockerung des Kündigungsschutzes entschieden ab.

„Es ist doch so, dass das so heilig gesprochene Kündigungsschutzrecht im Kern nur noch der Beschäftigung der Arbeitsgerichte und der Anwälte dient“, sagte Christian Wulff der Berliner Zeitung. Es sei in Deutschland zwar zweimal schwieriger als in den USA, arbeitslos zu werden. Es sei aber auch dreizehnmal schwieriger, hier wieder eine Arbeit zu finden.

Merz hatte am Wochenende gesagt: „Lieber befristet beschäftigt als unbefristet arbeitslos. Wenn wir (…) nachweisen, dass weniger Schutz zu mehr Beschäftigung führt, können wir eines Tages ganz auf den besonderen Kündigungsschutz verzichten.“

Dagegen sagte Saar-Regierungschef Peter Müller gestern im Deutschlandfunk: „Wir wollen in Deutschland keine amerikanischen Verhältnisse.“ Dort allerdings, wo sich der Kündigungsschutz als „Beschäftigungsbremse“ auswirke, müsse man sagen: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“

Die rot-grüne Bundesregierung lehnt einen weiteren Abbau des Kündigungsschutzes ab. Die bestehenden Regelungen seien praxisgerecht und sinnvoll, sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg. Es sei „eine Mär anzunehmen, dass Kündigungsschutz Beschäftigung verhindert“. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering verurteilte die Äußerungen der CDU-Politiker Merz und Wulff. „Die CDU wird immer hemmungsloser bei ihren Forderungen, Arbeitnehmerrechte zu zerschlagen.“

Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, sagte gestern in Hannover: „Wer den Kündigungsschutz für die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik verantwortlich macht, handelt zynisch.“

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