Bewag-Frist bis September

Geschrei, Rotbauchunken und Dividendendrohung auf der ersten Hauptversammlung des neuen nordostdeutschen Energieriesen Vattenfall Europe

BERLIN taz ■ Das plötzliche Geschrei wollte nicht so recht zur steril-seriösen Atmosphäre der Hauptversammlung von Vattenfall Europe passen. Ein Redner, der sich bei der Aussprache über die miese Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens beschweren wollte, fühlte sich in der Liste übergangen. Lautstark lud er seinen Zorn beim Vattenfall-Präsidenten Lars Josefsson ab.

Vor dem Zoff hatte Klaus Rauscher, Chef von Vattenfall Europe, mit monotoner Stimme Erfolgsmeldungen des Unternehmens verlesen. Demnach verbuchte der drittgrößte deutsche Stromkonzern in seinem ersten Geschäftsjahr 2002 einen Gewinn von 610 Millionen Euro. Der Konzern will in diesem Jahr weiter wachsen. Mit der Ausschüttung einer Dividende von 0,37 Cent pro Stückaktie will Vattenfall Europe auch seine Aktionäre am Erfolg beteiligen. Dabei gehen die Aktionäre des Berliner Energiekonzern Bewag leer aus.

Die Bewag gehört zu einer Reihe von Versorgern, aus deren Fusion Vattenfall Europe letztes Jahr entstanden ist. Mehrere Aktionäre der Bewag blockieren mit Klagen die endgültige Verschmelzung, weil sie nicht bilanzierte Risiken bei Vattenfall vermuten. Rauscher drohte den Bewag-Aktionären, auch 2003 keine Dividende einzustreichen – wenn die Fusion nicht bis Anfang September zustande komme.

Dass Rauscher pflichtgemäß schöne Wort für die Umwelt fand, erschien manchem als blanker Hohn. Mit dem Rederecht kritischer Aktionäre nutzte René Schuster von der Grünen Liga die Hauptversammlung, um Vattenfall vor der Zerstörung des 300 Hektar großen Lacomaer Teichgebiets bei Cottbus zu warnen. Dort will das Unternehmen in den nächsten Jahren Braunkohle abbauen. Die Teiche im Landschaftsschutzgebiet gelten als wertvoll, weil es hier besonders viele unter Schutz stehende Rotbauchunken gibt. Das nahe Dorf Lacoma muss zum 30. September geräumt werden. Schuster forderte die Vorbereitungen für die Entwässerung der Teiche zu stoppen, weil es kein gültiges Planfeststellungsverfahren gebe. Außerdem klage die EU gerade gegen Deutschland, weil die Lacomaer Teiche nicht als Flaura-Fauna-Habitat-Gebiet ausgewiesen wurden. MARIUS ZIPPE