Fast ehrenamtlich arbeiten für die Caritas

Arbeitsloseninitiativen und Gewerkschaften werfen der Caritas vor, von Arbeitslosengeld-II-Beziehern zu profitieren

Bochum taz ■ Die Pläne des deutschen Caritasverbands, zehntausende von der Bundesagentur für Arbeit subventionierte so genannte „Arbeitsgelegenheiten“ für Arbeitslose im Niedrigst-Lohnsektor zu schaffen, stoßen bei Arbeitsloseninitiativen auf heftige Kritik.

Harald Thomé vom Wuppertaler Arbeitslosenverein Tacheles bezeichnet den Schritt als „Dammbruch“: „Hinter diesem Vorstoß verbirgt sich nur billige Rhetorik. In Wahrheit handelt es sich um Zwangsarbeitsdienste und nicht um sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Die Caritas nutzt den Arbeitszwang für ihre eigenen Profitinteressen.“ Auch Eberhard Weber vom Deutschen Gewerkschaftsbund Östliches Ruhrgebiet (DGB) kritisiert den Vorstoß des Wohlfahrtsverbands, der sich nicht an den Bedürfnissen der Arbeitslosen orientiere: „Die wirtschaftlichen Eigeninteressen der Caritas schimmern durch.“

Hartz-IV sieht vor, dass Arbeitslose, die nicht in eine reguläre Beschäftigung vermittelt werden können, gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten annehmen müssen. Diese Tätigkeiten werden von der Bundesagentur für Arbeit mit einer „Mehrkostenentschädigung“ von ein bis zwei Euro pro Stunde, zusätzlich zum Arbeitslosengeld, bezahlt. Das Gesetz schreibt vor, dass die neu geschaffenen Arbeitsgelegenheiten nur zusätzliche Stellen sein dürfen, um den Abbau regulärer Arbeitsplätze zu verhindern. Thomé hält diese Vorschrift jedoch für nutzlos und nicht überprüfbar. Die Caritas nutze den Arbeitszwang, um „billige Arbeitskräfte in den eigenen Häusern zu beschäftigen.“

Rudi Löffelsend, Sprecher der Caritas im Bistum Essen, weist die Kritik zurück. Bundesweit seien bei der Caritas mehrere tausend Zivildienststellen unbesetzt, die nun in Arbeitsgelegenheiten für Arbeitslose umgewandelt werden könnten: „Dabei handelt es sich nur um zusätzliche Arbeiten, die zum Beispiel in der Pflege nicht notwendig sind, aber die Lebensqualität der Gepflegten erheblich erhöhen.“

Reguläre Arbeitsplätze seien nicht in Gefahr, da der gesetzliche Pflegeschlüssel vorschreibe, wie viele Fachkräfte pro Station vorhanden seien müssten. Löffelsend machte aber auch deutlich, dass der aktuelle Vorstoß innerhalb des Verbands keineswegs unumstritten sei. „Wir haben alle die Auswirkungen und die soziale Brisanz der Hartz-Reformen unterschätzt.“ Konsens bestehe nur darüber, dass die Arbeitsgelegenheiten durch Weiterbildungsangebote und pädagogische Maßnahmen begleitet werden müssten. Dies ist in Hartz IV nicht vorgeschrieben.

Ausgelöst worden war die Diskussion durch ein Interview des Generalsekretärs der Caritas, Georg Cremer. Darin hatte er angekündigt, dass die Caritas mehrere tausend Arbeitsgelegenheiten für Bezieher von Arbeitslosengeld einrichten werde.ULLA JASPER