Weniger Geld, mehr Probleme

Gema versus Musikindustrie: Die Schiedsstelle des Deutschen Patentamtes in München entscheidet heute, wie viel Geld die Urheber aus den CD-Erlösen bekommen sollen

Autoren und Komponisten sollen statt 9 nur noch 5,6 Prozent der Erlöse bekommen

Je tiefer die Musikindustrie in die Krise gerät, desto härter werden die Verteilungskämpfe in der Branche. So versucht derzeit der Verband der großen Plattenfirmen IFPI (International Federation of Phonographic Industries), den Anteil der Komponisten und Autoren am Erlös einer CD drastisch zu senken. 40 Prozent weniger sollen die Urheber künftig pro Album bekommen. Heute verhandelt eine Einigungsstelle in München.

Von einer im Laden verkauften CD fließen bisher etwa 90 Cent an Autoren und Komponisten der Stücke. Eingezogen und verteilt wird das Geld über die Verwertungsgesellschaft Gema. Der Rest des CD-Verkaufspreises von 15 bis 18 Euro geht an Händler, Plattenfirmen, Künstler und das Finanzamt. Die Herstellung der CD inklusive Booklet kostet nach Branchen-Angaben nur rund einen Euro.

Wie viel die Urheber pro CD bekommen, wird von IFPI und Gema per Vertrag vereinbart. Das letzte Abkommen stammt von 1997 und sicherte den Kreativen einen Anteil von 9,009 Prozent dessen zu, was der Händler an die Plattenfirma zahlt. Laut IFPI liegt dieser so genannte Händlerabgabepreis bei derzeit etwa 10 Euro. Nach erfolglosen Neuverhandlungen beantragte die Tonträgerindustrie Ende letzten Jahres ein Schiedsverfahren.

Zum Schock der Urheber verlangte IFPI nun, dass der Erlösanteil der Autoren und Komponisten von 9 auf 5,6 Prozent gesenkt werden soll. In der Öffentlichkeit begründet die Industrie diesen drastischen Schritt mit dem Einbruch des Musikmarktes, den Folgen von Internet-Tauschbörsen und den im Freundeskreis gebrannten CDs. Doch Gema-Sprecher Hans-Herwig Geyer hält das für unlogisch. „Wenn weniger CDs verkauft werden, bekommen doch die Urheber automatisch ebenfalls weniger Geld.“

In den Verhandlungen argumentiert die IFPI allerdings differenzierter. „Die neun Prozent für die Urheber werden nach dem offiziellen Listenpreis berechnet. Allerdings setzen in der Praxis vor allem die großen Handelsketten immer mehr Rabatte durch“, so IFPI-Sprecher Hartmut Spiesecke, „deshalb bekommen die Urheber derzeit weitaus mehr als neun Prozent der tatsächlichen Erlöse.“

Jetzt muss die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt über den „angemessenen“ Anteil der Urheber entscheiden. Heute treffen dort die Kontrahenten in nichtöffentlicher Sitzung erstmals aufeinander. Die Verhandlung ist nicht öffentlich, das Ergebnis wird wohl erst in einigen Wochen verkündet werden. Theoretisch kann der Streit bis zur letzten Instanz beim Bundesgerichtshof weitergeführt werden, was bis zu fünf Jahre dauern könnte. Doch eigentlich sind beide Seiten an einem schnellen Ende des Konflikts interessiert, denn der umstrittene Differenzbetrag zwischen 5,6 und 9 Prozent landet seit Jahresbeginn auf einem Sperrkonto, fehlt also beiden Seiten. Pro Jahr sind das immerhin 40 Millionen Euro.

„Viele Autoren, Komponisten und Verlage bringt der plötzliche Wegfall von 40 Prozent der Einnahmen in eine existenzbedrohende Situation“, betont Gema-Mann Geyer, der die Interessen von 60.000 deutschen und weltweit 1,7 Millionen Musik-Urhebern in Deutschland vertritt. Zwar haben die Kreativen meist noch zahlreiche andere Einnahmequellen, doch sind derzeit wohl überall Rückgänge zu verzeichnen. Bisher hat die Gema keinerlei Kompromissbereitschaft signalisiert. Sie geht wohl davon aus, dass die Gerichte am Ende allenfalls eine minimale Absenkung der Urheber-Prozente anordnen werden.

Der Streit um die CD-Vergütung hat einen strategischen Sinn. IFPI will die Gema weich klopfen mit Blick auf die Online-Musikvermarktung, das zukünftige Geschäftsfeld. Denn hier fordert die Gema zurzeit 15 Prozent der Erlöse für die Urheber, die Industrie hält dies für „absurd hoch“. Auch in diesem Segment ist nun ein Schiedsverfahren eingeleitet. Falls sich die beiden Organisationen doch noch außergerichtlich einigen wollen, dann müssen sie vermutlich ein Paket schnüren. CHRISTIAN RATH