Der Häuserkampf ist vorbei

Nach dem Polizeieinsatz gegen ein Konzert in der Kreutzigerstraße wundern sich Hausbewohner über das harte Vorgehen. Sie werfen der Polizei Eskalation vor und sagen weitere Veranstaltungen ab

von NICOLAI KWASNIEWSKI

Die für gestern Abend geplante Veranstaltung ist ausgefallen, alle weiteren sind gestoppt. In der Kreutzigerstraße 12 in Friedrichshain muss man erst mal durchatmen. Der Polizeieinsatz von Freitagnacht war zu überraschend und zu heftig gewesen, als dass die Hausbewohner einfach zur Tagesordnung übergehen könnten. Zumal in der Presse von „Rückfall in den Häuserkampf“, „Randalemachern“ und der allgegenwärtigen „autonomen Szene“ die Rede war – Reizwörter, die man mit der angeblichen Gesetzlosigkeit in besetzten Häusern oder Hausprojekten gerne verbindet.

Eine Party hatte im Hof des ehemals besetzten Hauses stattgefunden, drei Hardcore-Bands spielten im Keller des Hauses, dem „World Trash Center“. Zwischen 200 und 300 Leute waren anwesend, die Polizei bekam gegen Mitternacht eine Beschwerde wegen Ruhestörung. Am Ende waren vier Mannschaftswagen vor Ort, Verletzte auf beiden Seiten, eingeschlagene Fenster im Hinterhaus und ab halb drei Uhr nachts wieder Ruhe. Was sich dazwischen abgespielt hat, ist schwer herauszufinden.

Die Hausbewohner riefen am Sonntagabend ein Plenum ein, um das Geschehen zu rekonstruieren. Klar sei: Es habe sich weder um „Autonome“ noch um „Randalemacher“ gehandelt, sondern um normale Konzertbesucher. Der Abend verlief wohl ruhig, bis das Konzert begann und ein Streifenwagen geschickt wurde. Die Besatzung wollte einen Verantwortlichen sprechen. Das Begehren drang nie bis zum Hinterhof durch, wo der größte Teil der Besucher war, berichten Hausbewohner der taz. Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte gestern im Innenausschuss, die Beamten seien mit Steinen angegriffen worden und hätten daraufhin Verstärkung angefordert. Die kam in Form von vier Mannschaftswagen, deren Besatzungen die Toreinfahrt zum Hinterhof blockierten. Übereinstimmend sagen Polizei und Besucher, dass es am Tor Gerangel gab. Nach Polizeiangaben wurden die Anwesenden „gebeten, den Ort zu verlassen“. Auch das kam nicht an: „Möglicherweise haben die Beamten das den Leuten auf der Straße gesagt, im Hof hat das niemand mitbekommen“, sagt ein Konzertbesucher. Nur die Anwesenheit der Polizei hatte sich herumgesprochen, das Konzert wurde beendet.

Übereinstimmend berichten Polizei und Hausbewohner weiter, dass die Beamten in den Hof eindrangen. Die Polizei spricht von „Räumung“, die Geräumten eher von „Stürmung“. Dass die Hundertschaft, die als Verstärkung kam, mit Flaschenwürfen empfangen wurde, bestreitet niemand. „Eins hat das andere ergeben“, so ein Bewohner. Die Polizei setzte Schlagstöcke ein, die anderen zumindest Flaschen.

Die Hausbewohner wundern sich nun über den Charakter des Polizeieinsatzes. Zuerst seien Zivilpolizisten auf dem Konzert gewesen, der nachfolgende Einsatz wird als „starke Einschüchterung“ beschrieben. Die Polizei habe eine „heftige Eskalationstaktik“ verfolgt. Die Abriegelung des Hofes habe eine „Massenpanik ausgelöst“, keiner habe mehr nach Hause gehen können, selbst wenn er gewollt hätte.

Der Kulturverein Kreutzigerstraße 12 will Kulturveranstaltungen durchführen und ist dafür seit Monaten mit Besitzer und Hausverwaltung in Verhandlungen, um Räume im Erdgeschoss anzumieten. Sie würden sich auch „ein Stück weit über die Kulturveranstaltungen definieren“, sagt einer der Bewohner. Vorerst werden aber alle Projekte gestoppt, damit so ein Polizeieinsatz nicht mehr stattfinde. Denn, so ein Bewohner weiter: „Es kann für uns nicht von Interesse sein, wenn dabei das Haus kaputtgeschlagen wird.“