Herr Franz von Karstadt mit dem Coupon-Heft

Geiles, irres Marketing!

Bis 3. September sollte ich, wenn ich zu Karstadt einkaufen gehe, wohl das quadratisch-blaue Coupon-Heft mitnehmen, das mir per Post zugeschickt wurde. Begleitet von einem Brief, in dem Thorsten Franz, Zentralleiter Marketing, Karstadt Warenhaus AG, die Postsendung mit den schönen Worten erklärt: „Bei uns dreht sich alles um Ihre Wünsche“.

Nun muss ich aber deutlich sagen, es ist der LETZTE meiner Wünsche, ein Coupon-Heft in meiner Handtasche herumzuschleppen, um im Fall des Falles kleine Zettelchen auszureißen, damit ich bei Sporttextilien oder Reisegepäck 10, bei Wäsche oder Strümpfen gar 20 Prozent Rabatt bekomme. Glaubt Herr Franz wirklich, dass Geiz so geil ist, dass ich wie ein Idiot mit Coupons und Wertmarken hantiere? Bin ich im Kinderspielkaufladen?

Warum glaubt der Zentralleiter Marketing, Karstadt Warenhaus AG, habe ich mir eigentlich eine Kundenkarte von Karstadt zugelegt? Ganz vorsichtig gesagt: Mir ist bekannt, dass vor längerer Zeit schon der Computer erfunden wurde. Und ich weiß, was er leistet, anders als Herr Franz, trotz der rund dreißig Jahre Erfahrung mit dem Einsatz dieses Dings im Einzelhandel. Ich habe eine Karstadt-Kundenkarte, damit die Computerkasse bei deren Gebrauch während einer Rabattaktion automatisch die Summe meiner Wäschekäufe um 20 Prozent vermindert. So sehen jedenfalls MEINE WÜNSCHE aus. Ich kann also in dieser vollkommen verfehlten Werbeaktion nur ein weiteres Symptom der maroden Deutschland AG erkennen, in der Kapital nur dazu da ist, über die Porto- und Druckkosten eines solchen blöden Coupon-Hefts verschleudert zu werden.

Und dann: Was glaubt der unglaublich einfallsreiche Herr Franz eigentlich, was seine Konkurrenten machen? Wie es in meiner Handtasche aussähe, regierte ich auf all diesen Quatsch? Aber Herr Franz will ja gar nicht, dass ich die Rabatte einstreiche – deshalb das Coupon-Heft, von dem Herr Franz genau weiß, dass es nur lästig ist und daher wenig eingesetzt wird. Bei Herrn Franz dreht sich alles um seine eigenen Wünsche. Einen Marketingetat hat er nun mal, und der muss in Aktionen umgesetzt werden. Wenn die dann viel versprechen, wovon die Karstadt AG kaum etwas halten muss, wobei die Schuld auch noch beim Kunden liegt, der das Angebot nicht einfordert, dann hat er doch das geniale Ding gedreht.

Nur ich schaue blöd aus der Wäsche, die ich jetzt bestimmt nicht bei Karstadt kaufe. Denn der Marketingetat von Herrn Franz wird selbstverständlich in die Preise von Karstadt einkalkuliert. Ich habe aber keine Lust, noch mehr unnötige Papierberge zu bezahlen. Außer der Verschleuderung von Ressourcen, seien sie finanzieller oder umweltrelevanter Natur: Welches Bild hat Herr Franz eigentlich von seinen Kunden? Wahrscheinlich denkt er an unseren Verkehrsminister, den Herrn Stolpe. Auch so ein Prachtexemplar der Deutschland AG, der viel für Umstandskrämerei und Kapitalvernichtung übrig hat. Vielleicht sollte ich mich ja bei den deutschen Fuhrunternehmern kundig machen, wie man mit solchen Komplikationen umgeht? Ihnen soll an Mautstellen auch erst einmal Geld abgeknöpft werden, damit es ihnen dann per Steuersubvention hinten herum wieder reingeschoben werden kann. Nicht ohne jede Menge anfallender Verwaltungskosten natürlich, für den bürokratischen Transfer. Andernfalls würde das viele Geld nicht sinnlos verschleudert, und das stünde doch diametral zum Geschäftsgebaren der Deutschland AG.

Am Ende müssen wenigstens so viele Sachbearbeiter mit der Lkw-Maut zu tun haben, wie es Lastwagenfahrer gibt, dann funktioniert das System: Es wird so teuer, dass bald auch die Fußgänger ihren Obolus zur Lkw-Maut leisten müssen. Das ist dann nur – und jetzt folgt ein im Bereich der Deutschland AG besonders hoch geschätztes und schönes Wort – GERECHT. Auch und gerade in meinem Fall. Immerhin, mein Coupon-Heft, das mir die Post – man bedenke, heute schon zum zweiten Mal! – ausliefert, wird schließlich auch mit dem Lastwagen durch die Gegend geschippert. BRIGITTE WERNEBURG