Alles andere als sozialer Wohnungsbau

Im Rollbergkiez erhöht die Wohnungsbaugesellschaft die Mieten. Hier leben viele von Arbeitslosen- oder Sozialhilfe

Hartz IV sorgt für Angst, auch im Neuköllner Rollbergviertel – schließlich werden die Mieten erhöht. Jetzt fürchten die Anwohner, dass ihre Wohnungen zu teuer werden und nicht mehr als angemessen gelten. In der Siedlung zwischen Karl-Marx- und Hermannstraße leben viele von Arbeitslosen- oder Sozialhilfe. Die Quartiersmanager vermuten, dass künftig selbst verdienende Arbeitnehmer wegziehen – die Mieten in nahe gelegenen Altbauten sind zum Teil günstiger als im sozialen Wohnungsbau.

Edeltraut Frühbrot wohnt seit 34 Jahren im Rollbergviertel und arbeitet ehrenamtlich im Mieterbeirat. Mit anderen Mietern steht sie vor einem Kiosk zwischen den Neubauten. Die Stimmung ist gereizt. „Viele wollen ausziehen, wenn die Erhöhung kommt“, sagt sie und verweist auf eine Umfrage unter den Mietern. Um das zu verhindern, sammelt sie Unterschriften.

Der Hintergrund: Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land hatte angekündigt, die Mieten von 94 Wohnungen im Viertel um etwa 50 Cent pro Quadratmeter zum 1. August zu erhöhen. Im nächsten Jahr wolle Stadt und Land zu „wohnwertorientierten Mieten kommen“ und werde sich „600 Wohnungen daraufhin angucken“, erklärt Sprecherin Dagmar Neidigk. Im Klartext bedeutet das eine erneute Erhöhung. Als Grund nennt Neidigk den Wegfall von Fördermitteln des Landes zu Beginn des Jahres. Bisher habe die Gesellschaft die Ausfälle getragen, nun müssten sie umgelegt werden.

Der Rollbergkiez hat als so genannter sozialer Brennpunkt ein eigenes Quartiersmanagement. Hier arbeitet Renate Muhlak. „Es wird keinen Massenumzug geben“, sagt sie. Auch wenn es sein könne, dass einige Wohnungen nach Harz IV nicht mehr angemessen seien, befürchtet sie eher einen Wegzug der verdienenden Arbeitnehmer: „Leute, die selbst zahlen, sind am stärksten betroffen.“ Zögen die weg, würde der Kiez leiden. „Das Rollbergviertel ist leider nicht billig.“

Familie Astor ist betroffen. Claudia Astor und ihr Mann leben seit sechs Jahren im Rollbergviertel – mit zwei Kindern auf 80 Quadratmetern. Sie arbeitet im Pflegedienst und sagt: „Sollten wir eine Erhöhung kriegen, ziehen wir weg.“

Quartiersmanagement und Wohnungsbaugesellschaft reagieren mit Informationsforen. Stadt und Land werde in „jedem Einzelfall beratend helfen“, sagt Sprecherin Neidigk. Die Mieter sind spektisch. „Schon die Betriebskostenabrechnungen haben nie gestimmt“, sagt ein Mann. OLIVER TRENKAMP