USA ziehen der Resolution die Zähne

Der UN-Sicherheitsrat verabschiedet eine Resolution, um den Vertreibungen ein Ende zu setzen. Doch dem Sudan drohen keine Sanktionen mehr

BERLIN taz ■ Dem Sudan drohen keine Sanktionen mehr. Die USA haben die Hoffnung aufgegeben, in der UNO eine entsprechende Resolution durchzusetzen, um das Morden in Darfur zu beenden. Sie haben gestern einen einen entschärften Entwurf im UN-Sicherheitsrat eingebracht. 13 der 15 Sicherheitsratsmitglieder stimmten dafür, China und Pakistan enthielten sich.

In der Resolution wird die sudanesische Regierung wie in den drei bisherigen Entwürfen aufgefordert, die Dschandschawid-Milizen in Darfur binnen 30 Tagen zu entwaffnen. Nach wie vor ist zwar ein Waffenembargo gegen Individuen, Organisationen oder Regierungen vorgesehen, die die Milizen oder andere Rebellengruppen mit Waffen versorgen. Doch für den Fall der Zuwiderhandlung droht der Text nur noch vage mit der „Absicht, weitere Maßnahmen in Betracht zu ziehen“.

Hilfsorganisationen und Politiker in Europa zeigten sich entrüstet, als der Entwurf bekannt wurde. „Hier geht die Hilflosigkeit schon spürbar in Zynismus über“, kommentierte SPD-Fraktionsvize Gernot Erler. Ein Mitarbeiter einer in Sudan tätigen Hilfsorganisation, der aus Angst vor Repressalien anonym bleiben wollte, sprach von einem „Versagen der internationalen Gemeinschaft angesichts von Völkermord“. Der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Danforth, behauptet jedoch, in der Sache habe sich gar nicht so viel geändert: „Einige Sicherheitsratsmitglieder stören sich an dem Wort ‚Sanktionen‘ und wollen lieber UN-Jargon für genau dasselbe verwenden.“

Die neue Resolution bezieht sich auf Artikel 41 der UN-Charta. Darin sind mögliche Maßnahmen unterhalb der Schwelle bewaffneter Interventionen genannt, darunter der Abbruch von wirtschaftlichen wie diplomatischen Beziehungen. Außenminister Colin Powell sagte, die USA hätten die Resolution in eine für die anderen Ratsmitglieder akzeptable Form bringen müssen, denn „andernfalls würden wir gar nichts erreichen“.

Den bisherigen Entwurf hatten mindestens 7 der 15 Sicherheitsratsmitglieder abgelehnt. Für eine Annahme sind jedoch mindestens 9 Jastimmen nötig. Viele muslimische Länder wollten bisher keine weitere Einmischung der USA in die Angelegenheiten muslimischer Länder dulden. Wie Russland und China forderten Pakistan und Algerien mehr Zeit für die sudanesische Regierung, ihre Versprechen umzusetzen. Anfang Juli hatte sich Khartum in einem gemeinsamen Kommuniqué mit UN-Generalsekretär Kofi Annan zum Schutz der Darfur-Flüchtlinge verpflichtet.

Sudans Außenminister Mustafa Ismail begrüßte den abgeschwächten, neuen Text: „Die Freunde des Sudan und die diplomatischen Bemühungen des Sudan haben erreicht, die Extremität und die Irrtümer zu zügeln.“ Doch die Freundschaft hat zumeist finanzielle Gründe. „Manche Regierungen – Stichwort Russland – sind an Waffenlieferungen interessiert, manche haben Ölinteressen in der Region“, sagte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul am Donnerstag im ZDF.

Russland lieferte gerade 12 Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 in den Sudan. China investiert schon seit 1984 in sudanesische Ölfelder und hat sich auch Konzessionen in Darfur gesichert, der französische Ölkonzern Total folgte. Erst vor ca. einer Woche einigte sich Petrodar, ein Konsortium, hinter dem Ölfirmen aus Frankreich, Großbritannien, Russland, China, Malaysia und den Vereinigten Arabischen Emiraten stehen, mit Khartum über die Erschließung von Ölfeldern. Die Aufträge sollen einen Wert von 1,4 Milliarden Euro haben.

Sanktionen würden da allen Beteiligten in der Tat eher ungelegen kommen. Auch deutsche Firmen haben am Ölboom Anteil, sie bauen Eisenbahnen und Brücken oder liefern Lastwagen und Autos in den Sudan.

NICOLA LIEBERT