Anschlag auf Touristen in Ägypten fordert eine Tote

Bei einem Attentat auf eine französische Schulklasse in Kairo werden 24 Menschen verletzt. Solche Angriffe waren in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Medien spekulieren über eine Verbindung zum Gazakrieg

KAIRO taz ■ Waren das die ersten Nachwirkungen des Gazakrieges? Dies war die Frage, die arabischen Medien unmittelbar nach dem Anschlag im Kairoer Touristenbasar am Sonntagabend stellten. Bei dem Attentat wurden eine 17-jährige Französin getötet und mehr als 24 Menschen, darunter ein 56-jähriger Deutscher aus Hessen, verletzt. Zuvor hatten die Medien immer wieder gewarnt, dass der Gazakrieg Anfang des Jahres zu einer Welle der individuellen Radikalisierung in der arabischen Welt führen könnte. Zumindest die Umstände des Anschlags sprechen für eine amateurhafte Tat.

Nun hoffen die Behörden auf Antworten, nachdem die Polizei nach dem unbestätigten Bericht eines Fernsehsenders 14 Personen im Zusammenhang mit dem Anschlag vernommen hat. Drei von ihnen stammen aus Pakistan. Einige Augenzeugen berichten, dass die Bombe in einer schwarzen Plastiktüte aus einem Fenster im 4. Stockwerk einer Pension auf ein Café geworfen worden sei, indem die Touristen saßen. In Polizeikreisen wird aber auch die Möglichkeit diskutiert, dass der Sprengsatz unter einer Bank versteckt war.

„Die Explosion war so stark, dass der Boden unter uns gezittert hat“, erzählt ein Augenzeuge im ägyptischen Fernsehen. „Wir haben uns alle auf den Boden geworfen. Andere sind weggelaufen, überall war Blut. Ich sah sogar eine abgerissene Hand und einen Arm“, berichtet er.

Der Zeitpunkt des Anschlags war gut gewählt. Der Ort des Geschehens, die Altstadt von Kairo mit ihrem Touristenbasar Chan el-Chalili, ist schwer bewacht. Buchstäblich an jeder Ecke stehen Polizisten in Uniform oder in Zivil. Offenbar waren sie aber zum Teil von einem Fußballspiel der beliebtesten Kairoer Mannschaft al-Ahli abgelenkt. Laut ägyptischen Fernsehberichten hatte der Offizier, der sich in unmittelbarer Nähe des Anschlags befand, sein Funkgerät einem Freund gegeben, um in Ruhe das Fußballspiel sehen zu können.

Bereits wenige Stunden nach dem Anschlag gab es Berichte, dass die Polizei einer ersten Spur nachginge. In einer Cafeteria im oberen Stockwerk der Pension waren zuvor zwei Frauen mit vollem Gesichtsschleier beobachtet worden. Beide waren kurz nach der Tat verschwunden.

Die durch die Bombe getötete Französin befand sich mit 41 Mitschülern aus dem Pariser Vorort Levallois-Perret auf einem Klassenausflug. Unter den Verletzten waren neben einem Dutzend Franzosen und dem Deutschen auch drei saudische Staatsbürger und mehrere Ägypter. Die meisten Verletzten, unter ihnen der Deutsche, konnten das Krankenhaus schon nach kurzer Zeit wieder verlassen. Ein Franzose befindet sich nach Behördenangaben in kritischem Zustand.

Bisher hat sich niemand für den Anschlag verantwortlich erklärt. Über den Hintergrund der Attentäter oder Attentäterinnen lässt sich nur spekulieren. Der letzte Anschlag in Kairo liegt fast vier Jahre zurück. Damals warf ein Motorradfahrer, ebenfalls im Basar, einen Sprengsatz auf eine Touristengruppe. Dabei waren zwei Französinnen getötet worden. Es handelte sich um einen Einzeltäter.

In den vergangenen Jahren erlebte Ägypten eine Reihe von Anschlägen auf der Sinai-Halbinsel. Generell ist die Zahl der Anschläge auf Touristen in Ägypten aber stark zurückgegangen. Vor allem in den 90er-Jahren hatten militante Gruppen versucht, den Staat durch Anschläge auf Touristen an seiner Achillesferse, den Einnahmen aus der Reisebranche, zu treffen. In einem Land, in dem jeder zehnte Arbeitsplatz direkt oder indirekt vom Tourismus abhängt, hatten sie sich mit dieser Taktik allerdings keine Freunde geschaffen. Das scharfe Vorgehen der Sicherheitskräfte und die zunehmende gesellschaftliche Isolierung der Attentäter hatten dazu geführt, dass die Gruppen dieses Vorgehen aufgaben.

Die ehemaligen militanten ägyptischen Islamisten distanzierten sich von dem jüngsten Anschlag. Die Gama’a Islamija (Islamische Gruppe) veröffentlichte auf ihrer Webseite eine entsprechende Erklärung. Die Gruppe sei in den letzten zehn Jahren an keinem Attentat beteiligt gewesen, heißt es dort weiter. Derartige Anschläge seien nicht Teil des Dschihad, des heiligen Krieges. Wer immer hinter dieser Tat stecke, sollte verstehen, dass man auf diese Weise Gaza nicht befreien könne. Auch die zweite militante ägyptische Gruppe, der Dschihad, distanzierte sich von dem Anschlag.

Das religiöse Establishment reagierte ebenfalls schnell. Großmufti Ali Goma’a sprach von einer Tat, die vom Islam abgelehnt werde und nur den Feinden Ägyptens diene. Der Großscheich der islamischen Al-Azhar-Universität, Mohammed Said Tantawi, nannte den Anschlag feige und kriminell. Die Täter, sagte er, hätten ihre Religion und ihr Land verraten und verzerrten das Bild des Islams.

KARIM EL-GAWHARY