Trotz Run auf Unis drohen weitere Kürzungen

Noch nie bewarben sich so viele Studierwillige an den Berliner Unis. Die Freude darüber währt bei den Almae Matres nur kurz, denn mit der anhaltenden Sparpolitik drohen Qualitätsverluste und weitere Streichungen von Studiengängen

Dass der Berlin-Boom ein Ende haben soll, die Hauptstadt schlicht „out“ ist, das hat sich zumindest bei Schulabgängern noch nicht herumgesprochen. Im Gegenteil. Die drei Berliner Unis sehen in diesen Wochen lange Schlangen vor den Immatrikulationsbüros und tonnenweise Post. Denn die Zahl der StudienplatzbewerberInnen für das kommende Wintersemester ist sowohl bei der Freien wie auch bei der Humboldt- und Technischen Universität so groß wie nie zuvor.

Allein an der HU bewarben sich rund 25.300 Studierwillige – nicht eingerechnet die KandidatInnen für die Medizin – um 5.990 Studienplätze. Dabei konnte sich diesmal kein einziger Erstsemesterkandidat einschreiben, denn die HU hat bis auf sieben Aufbaustudiengänge in der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät alle Fächer mit Numerus clausus belegt.

FU und TU stellen ähnlichen Andrang fest: Bei der FU bewerben sich 26.500 StudiumskandidatInnen um maximal 5.900 Plätze, bei der TU hoffen rund 15.000 Antragstellende auf einen der 4.700 Plätze. Zwar nehmen die Unis wegen der üblichen Mehrfachbewerbungen etwas mehr KandidatInnen auf, als sie Plätze bieten. Und auch die Asten haben angekündigt, abgewiesene BewerberInnen, die sich einklagen wollen, zu unterstützen. Doch ändert dies insgesamt wenig an der Situation.

Obwohl genaue Zahlen erst ab Mitte Oktober vorliegen sollen, ist schon jetzt absehbar, dass wegen der vom Senat verordneten Sparmaßnahmen die Studienangebote weiter reduziert werden müssen. Bis 2009 ist eine Absenkung der Zuschüsse für alle Berliner Hochschulen von 920 auf 870 Millionen Euro geplant. Das bedeutet zum Beispiel für die HU, dass bis 2009 weitere 800 Stellen unter Auslassung von Kündigungen abgebaut werden müssen. „Das sind rund 35 Prozent der Professoren, dazu etwa 250 Angestellte im Drittmittelsektor und rund 5.000 Studienplätze weniger“, rechnet HU-Sprecherin Susann Morgner vor. Wer sich jetzt einschreibe, genieße Vertrauensschutz und könne zu Ende studieren, dennoch bedeute dieser Spardruck in letzter Konsequenz die Schließung weiterer Studiengänge. Welche und wie viel, darüber berät zurzeit eine HU-Ranking-Kommission, „denn wir wollen uns das nicht durch eine externe Kommission vorschreiben lassen“, heißt es.

Auch an der FU wird intern beraten. Gemeinsam überlege man gerade, welche Fächer an welcher Uni gestrichen werden könnten. Kein Trost: Bis ein Studiengang geschlossen werden kann, dauere es im Schnitt sieben Jahre.

ADRIENNE WOLTERSDORF