Muttern ist die Beste

Muttermilch ist die gesündeste Nahrung für Babys – Stillen wichtig für ihre Entwicklung und praktisch dazu. Allergiegefährdete Kinder sollten ausschließlich gestillt werden – mindestens sechs Monate lang. Auch das spätere Essverhalten wird verbessert

Allein der praktische Nutzen ist ein starkes Argument fürs Stillen. Wer dem hungrig schreienden Kind einfach die Brust reichen kann, statt stundenlang immer wieder teures Milchpulver anzurühren, Fläschchen zu spülen und Schnuller zu desinfizieren, spart Geld und gewinnt Zeit.

Zeit, die gut in gemütliche Stillstunden investiert werden kann, die mehr sind als pure Nahrungsaufnahme. Stillen unterstützt unter anderem die Rückbildung der Gebärmutter. Der intensive Körperkontakt vermittelt dem Baby Wärme und Geborgenheit, die es mit allen Sinnen aufsaugt und die für seine Entwicklung ebenso wichtig sind wie die Inhaltsstoffe der Muttermilch. Deren Zusammensetzung ist exakt auf die Bedürfnisse des Säuglings abgestimmt. Kinder, die uneingeschränkt Zugang zur Brust haben, trinken nur die Menge, die sie auch benötigen, um satt zu werden. Das ist ein Grund dafür, dass gestillte Babys nicht überfüttert werden können und auch später seltener zu Übergewicht neigen.

Muttermilch enthält spezifische, den Aufbau des Immunsystems fördernde Stoffe, die das Kind von Anfang an vor häufigen Infektionskrankheiten schützen. „Auch später treten zum Beispiel Mittelohrentzündungen und sogar Diabetes bei diesen Kindern seltener auf“, weiß Michael Abou-Dakn, leitender Oberarzt im Humboldt-Klinikum und Mitglied der Nationalen Stillkommission.

Besonders hoch ist die Konzentration an Immunglobinen im Kolostrum, der so genannten Vormilch, die sofort nach der Geburt zur Verfügung steht. Das frühe Anlegen des Säuglings – am besten noch im Kreißsaal – fördert zudem die Milchbildung.

Wissenschaftlich erwiesen ist, dass lange gestillte Babys intelligenter sind. Neben den bisher nicht industriell herstellbaren Inhaltsstoffen der Muttermilch ist dafür auch der ausgedehnte Körperkontakt beim Stillen entscheidend, der die geistige und körperliche Entwicklung des Kindes anregt.

Bekannt ist die Bedeutung des Stillens für allergiegefährdete Kinder. Heute stillt unmittelbar nach der Geburt wieder die Mehrheit der Mütter, weiß man bei der Aktionsgruppe Babynahrung. Drei Monate nach der Geburt liege die Stillrate dagegen nur noch bei 30 Prozent. Um dem Entstehen von Allergien vorzubeugen, sollten Babys generell sechs Monate lang voll gestillt, also ausschließlich mit Muttermilch ernährt werden. „Familien, in denen bisher noch keine Allergien aufgetreten sind, können ihre Kinder dadurch richtig gut schützen“, erklärt Abou-Dakn. Durch diese Art der Ernährung werde der frühe Kontakt mit Fremdeiweißen – dem wesentlichen Auslöser von Allergien – vermieden. Eine allergische Reaktion auf Muttermilch gibt es nicht, die darin enthaltenen Eiweiße werden als körpereigene angesehen. Doch selbst bei in der Familie vorhandenen Allergien kann längeres Stillen den Ausbruch der Allergie zeitlich verzögern oder doch zumindest abschwächen.

Im ersten Lebensjahr sollten gefährdete Kinder weder Kuhmilch noch andere Nahrungsmittel, die im Verdacht stehen, Allergien auszulösen, erhalten. Dazu gehören beispielsweise Eier, Zitrusfrüchte, Soja und Nüsse, die zum Teil nicht einmal in der Ernährung der stillenden Mutter vorkommen sollten. Spätere Beikost sollte nur schrittweise eingeführt werden, und keinesfalls vor dem sechsten Monat. Günstig ist, einzelne Lebensmittel nacheinander zu probieren und zu beobachten, ob das Kind allergisch auf bestimmte Bestandteile der Nahrung reagiert.

Wer nicht stillen kann oder will, kann auf hypoallergene (HA-)Nahrung zurückgreifen, die bei bestehender Allergieneigung heute oft prophylaktisch gegeben wird. Denn trotz aller Vorteile, die das Stillen zweifellos habe, solle sich keine Mutter gezwungen fühlen, ihrem Kind die Brust zu geben, wenn sie das nicht wirklich wolle, so Marion Brüssel vom Berliner Hebammenverband. Eine für beide Teilnehmer befriedigende „Stillbeziehung“ könne sich nur entwickeln, wenn die Mutter auch bereit dazu sei. KAJA