USA protestieren gegen Siedlungsausbau

Die israelische Regierung will 600 Wohneinheiten im Westjordanland errichten. Das verstößt gegen den internationalen Friedensplan und überschreitet selbst das „natürliche Wachstum“. Die Friedensbewegung kritisiert die Siedlungsvorposten

AUS JERUSALEMSUSANNE KNAUL

Ungeachtet der Verpflichtung zu einem vollständigen Baustopp in jüdischen Siedlungen hält die israelische Regierung am Bau neuer Wohnungen in den besetzten Gebieten fest. In Absprache mit dem Verteidigungsministerium gab Premierminister Ariel Scharon seine Zustimmung zur Errichtung von 600 Wohneinheiten in der größten jüdischen Siedlung Ma’ale Adumim, unweit von Jerusalem. Die USA und Großbritannien protestierten und forderten Israel dazu auf, die im internationalen Friedensplan „Roadmap“ vereinbarten Verpflichtungen einzuhalten.

Der von dem so genannten Quartett – den USA, Europa, der UNO und Russland – entworfene Friedensplan, den Israel und die Palästinenser vor gut einem Jahr unterzeichneten, sieht bereits in der ersten Stufe den sofortigen und vollständigen Baustopp in jüdischen Siedlungen vor. Dementgegen hält die israelische Regierung offenbar an ihren Richtlinien fest, den Ausbau bereits bestehender Siedlungen entsprechend des infolge „natürlichen Wachstums entstehenden Bedarfs“ zu ermöglichen. Der palästinensische Minister und frühere Unterhändler bei den Friedensverhandlungen, Saeb Erikat, nannte den geplanten Wohnungsbau eine „Missachtung der Roadmap und der Pläne von Präsident Bush“.

Berichten des liberalen Ma’ariw zufolge fiel die Entscheidung Scharons für den Ausbau von Ma’ale Adumim bereits vor sieben Monaten, wurde jedoch aus Sorge vor Kritik geheimgehalten. Möglich ist, dass die Information nun an die Presse durchsickerte, um die Koalitionsverhandlungen mit der Arbeitspartei zu belasten. „Wir sitzen noch nicht in der Regierung und haben an der Entscheidung keinen Anteil“, kommentierte Joram Dori, Sprecher der Arbeitspartei auf telefonische Anfrage den bevorstehenden Ausbau Ma’ale Adumims. „Wir sind für die Einhaltung der Verpflichtungen im Rahmen der Roadmap.“

Sogar die von der Regierung selbst auferlegte Klausel des „natürlichen Wachstums“ würde mit dem Bauprojekt von 600 Wohnungen für rund 2.000 Menschen, was einem Bevölkerungszuwachs von etwa 7 Prozent gleichkommt, gesprengt. Ma’ariw zufolge ist der geplante Ausbau Teil der Politik, größere Siedlungen zu erweitern, an denen Israel auch nach einem Friedensabkommen mit den Palästinensern festhalten will.

Streitpunkt zwischen Israel und dem „Quartett“ ist zudem die bislang nicht erfolgte Räumung der „illegalen Vorposten“, die in der Regierungszeit Scharons errichtet wurden. Einer im vergangenen Monat von Israel den USA präsentierten Liste zufolge bestehen derzeit nur noch 28 der nicht autorisierten Siedlungsvorposten. Entsprechend der Roadmap hätten alle diese Vorposten aufgelöst werden müssen. Die israelische Friedensbewegung „Frieden jetzt“ berichtet von 53 Vorposten, zu deren Räumung sich Israel verpflichtet hätte. Stattdessen seien fünf neue Vorposten errichtet worden, nachdem die Roadmap bereits in Kraft getreten war.