Kunst im Kasten

Interdisziplinarität im Kleinformat: Die Künstlerinnen der „Höge“ verpacken ihre Werke in einen handlichen Kubus

Rund 50 Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen aus 26 Ländern haben schon die „Höge“ behaust, den südlich von Bremen gelegenen Künstlerinnenhof. Wo Familie Meyer ab 1872 ihre Schweine mästete, sind vor ein paar Jahren Studios und Künstlerapartements eingerichtet worden. Und was seit dem im früheren Stalltrakt produziert wird, ist nun in kompakter Form erhältlich: Im Kunst-Kubus „expand“.

Die Idee für das „konsequent interdisziplinäre Objekt“ in „bisher nicht da gewesener Form“ wurde auf dem jüngsten „Kunstmahl“ der Höge vorgestellt. Installationen, Graphiken, DVDs und vieles mehr sollen sich im Würfel vereinen, eine Essenz des bisherigen artist-in-residence-Programms. Die Form spielt mit dem Topos des „White Cube“, des weißen Würfels, der unbegrenzten künstlerischen Freiraum verheißt. Im Fall des Höge-Cubes sind dessen äußere Maße durch die Kantenlänge 53 definiert. 148.877 Kubikzentimeter also, an deren Aufteilung zurzeit noch getüftelt wird. Unter anderem werden die kasachische Komponistin Jamilia Jazylbekova, die deutsche Literatin Katharina Höcker und die kanadisch-japanische Performerin Sachiyo Takahashi den Kubus befüllen.

Als weitgehend privat finanziertes Projekt sei die Höge immer noch „ein Start Up-Unternehmen“, begründet Franz Probst von der Schweizer Volkart-Stiftung seine Unterstützung der „expand“-Edition.

Für die werden jetzt potente AbnehmerInnen gesucht. „Kunst kann man auf geringem Raum besitzen“, wirbt Elke Jensen, künstlerische Leiterin der Höge – wenn man sich denn für sie begeistert. Auf nur zwei Prozent schätzt Thomas Deecke, Direktor des Neuen Museums Weserburg und diesjähriger Kunstmahl-Ehrengast, den Anteil derer, die an den „künstlerischen Ideen der Zukunft“ interessiert seien. „Wir können uns freuen, wenn wir das auf zwei Komma eins Prozent steigern können.“

Die Edition soll alle zwei Jahre mit jeweils eigenem Thema erscheinen. Engagierte SammlerInnen können sich mit der Zeit einen kleinen Turm stapeln, ein privates „Galerienhochhaus“. Kostenpunkt pro Stück: 9.000 Euro.

Live-Eindrücke von der künstlerischen Produktion auf der Höge sind übrigens wesentlich billiger zu haben. Seit kurzem bietet der idyllisch gelegene Hof Gästezimmer (für 35 Euro). Auch die künstlerische Infrastruktur inklusive eines Avid-Schnittplatz mit Weideblick ist zu mieten. Der durchschnittlich vermögende Kunstinteressierte kann so seine eigenen Visionen visualisieren – und geschickt gestapelte Digitalkassetten ergeben ebenfalls einen Kubus.

Henning Bleyl

Detail-Informationen unter www.hoege.org