„The True Glory“, jetzt zu sehen im Metropolis, vereint nüchterne Aufnahmen alliierter Kameraleute
: Dem Krieg ins Gesicht geblickt

Als vor einiger Zeit die Retrospektive der Berlinale das Jahr 1945 zum Thema hatte, da verstand es sich von selbst, dass auch das dokumentarische Filmschaffen dieses in jeder Hinsicht einschneidenden Jahres ausführlich gewürdigt wurde. Dabei fiel besonders auf, dass sich damals neben großen Dokumentarfilmern wie Humphrey Jennings auch viele namhafte, beziehungsweise später berühmt gewordene Spielfilmregisseure direkt dem dramatischen Geschehen des Tages gewidmet hatten. So etwa John Huston oder Carol Reed und Garson Kanin, deren The True Glory nun ebenso zur Aufführung kommt wie Giuseppe de Santis‘ Tage des Ruhms.

Vom britischen „Ministry of Information“ und dem amerikanischen „Office of War Information“ produziert, behandelt The True Glory, der jetzt im Metropolis läuft, den Krieg aus der Sicht der alliierten Truppen von der Landung in der Normandie im Juni 1944 bis zur bedingungslosen Kapitulation Nazideutschlands. Die Aufnahmen von den Kampfhandlungen wurden von britischen, amerikanischen, französischen, belgischen, polnischen, holländischen, tschechischen und norwegischen Kameramännern gedreht (geschossen, ist man hier versucht zu sagen – auch mit Paul Virilios Thesen vom Zusammenhang zwischen Krieg und Kino im Hinterkopf), die selbst auch als Soldaten ausgebildet waren. So gibt es vom Tag der großen Landeoperation neben Aufnahmen aus der Luft auch einige, die – zum Teil mit automatischen Kameras – von den Landebooten aus gemacht wurden.

So bestand die Hauptaufgabe von Reed und Kanin also in der Auswahl und im Zusammenfügen – der Montage – dieser Bilder, von denen Unmengen vorhanden waren. Welche Bedeutungen sich damit erzeugen lassen, das wussten sie – nicht zuletzt von ihrer Spielfilmarbeit her – nur zu gut. Aber wenn auch ursprünglich zu Propagandazwecken gedreht, scheinen sich die Bilder hier viel weniger den ihnen zugeschriebenen Ideen unterzuordnen, als man das in Wochenschauen jener Zeit beobachten kann. Selbst in heutigen Fernsehdokumentationen zum Zweiten Weltkrieg kommen einem dieselben Bilder zumeist vereinnahmter vor. Und das, wo doch gerade dort historische Aufklärung explizites Ziel ist.

Der Kritiker Jürgen Ebert zählt The True Glory zu „jenen kostbaren Filmen, in denen die Kunst der Montage und des Sehens noch intakt ist, mehr noch, in denen daraus etwas hervorgeht, das nur einmal vorkommt“. Nüchterner als in diesem Film könne man dem Krieg nicht ins Gesicht blicken. Dank der Montage präsentiere er sich nicht als ein Schauspiel, sondern als echtes Ereignis. Und in der Tat: Ohne Stimmen von Zeitzeugen und eines Kommentars von heute – deren grundsätzlicher Sinn hier keineswegs in Abrede gestellt werden soll – beginnt man sich allmählich so etwas wie eine Vorstellung vom letzlich Unvorstellbaren zu machen. Dies wird dann auch nicht behindert, sondern im Gegenteil unterstützt: von einem vielstimmigen Kommentar, der die Last der Worte gleichsam „demokratisch“ auf eine Partitur von Einzelstimmen verteilt. Eckhard Haschen

„The True Glory“: Do, 19.15 Uhr; „Tage des Ruhms“: Do, 21.15 Uhr; Metropolis, mit Einführung von Thomas Tode