USA im Fadenkreuz

Fachzeitschrift: Neue nordkoreanische Raketen können von U-Booten aus bereits das Festland der USA treffen

TOKIO taz ■ Nordkorea entwickelte neue Mittel-Strecken-Raketen, die das amerikanische Festland treffen könnten. Dies schreibt der Nordkorea-Experte Joseph S. Bermudez in der jüngsten Ausgabe der angesehenen Zeitschrift Jane’s Defence Weekly. Dabei handle es sich um Raketen, die von U-Booten abgefeuert werden und eine Reichweite von mindestens 2.500 Kilometer hätten. Damit würde sich die von Nordkorea ausgehende Bedrohung laut dem Autor grundsätzlich ändern: „Die Waffen könnten der Regierung etwas in die Hand geben, was sie seit langem anstrebt – die Fähigkeit, die USA direkt zu bedrohen.“ Bisher galten Südkorea, Japan und allenfalls noch Alaska als potenzielle Ziele nordkoreanischer Raketen.

Im dem brisanten Bericht werden jedoch keine Quellen genannt. Bermudez schildert aber detailliert, wie der kommunistische Staat zu dieser Technologie gekommen sein soll. Demnach kaufte Nordkoreas Regierung in den 90er-Jahren Baupläne von einer russischen Fabrik. Ob die russische Regierung informiert war, lässt sich nach Bermudez nicht schlüssig beurteilen. Zwar sei 1992 eine Gruppe von 20 russischen Raketeningenieure verhaftet worden, die sich nach Nordkorea aufmachen wollte. Zuvor sei aber deren Reise vom russischen Sicherheitsministerium genehmigt worden. Allem Anschein nach gelang es einigen Waffenexperten später dennoch, ihr Wissen dem einstigen Bruderstaat verfügbar zu machen.

Der zweite Teil des Geschäfts wickelte ein japanische Handelsfirma ab. Gemäß Jane’s Defence Weekly verschob das Tokioter Unternehmen 12 ausgemusterte Sowjet-U-Boote des Typs Foxtrott nach Nordkorea. Pjöngjang habe mit Altmetall bezahlt.

Nach Einschätzung des Militärexperten Bermudez ist diese russische Raketentechnologie bedeutend schlagkräftiger im Vergleich zu den Kurzstrecken-Raketen des Typs Taepodong 1, die Nordkorea selber entwickelt und erfolgreich getestet hat. Die russischen Geschosse können von Schiffen abgefeuert und daher näher an ihr Ziel herangeführt werden. Zudem sind sie vor Geheimdienstaugen einfacher zu verstecken.

Bermudez formuliert in seinem Bericht vorsichtig – unter häufiger Verwendung des Konjunktivs. Doch warnt er, diese mobilen Raketensysteme seien „potenziell am gefährlichsten“. Dies gilt umso mehr, als Nordkorea biologische, chemische und nach eigenem Bekunden atomare Waffen besitzt, mit denen diese Trägersysteme bestückt werden können. MARCO KAUFFMANN