ig metall
: Geschlossenheit reicht nicht

Es war nicht die Höchststrafe, aber eine Abstrafung: Mit 66,1 Prozent erhielt Jürgen Peters das schlechteste Ergebnis, seit Vorsitzende der IG Metall gewählt werden. Das ist auch ein Denkzettel der Basis an die Führungszentrale im Allgemeinen: Sie soll nach wochenlangem Ränkespiel endlich wieder zur Geschlossenheit finden. Allerdings hat gerade der Gewerkschaftstag gezeigt: Geschlossenheit reicht nicht aus, wenn man nicht weiß, in welche Richtung man sich denn geschlossen bewegen soll.

Kommentar von THILO KNOTT

Es ist schon erstaunlich, wie wenig konzeptionelle Mittel bereit stehen, um die größte Krise der IG Metall zu bewältigen. Dabei drängt sich die Notwendigkeit geradezu auf: Erstmals seit Jahrzehnten hat die Metaller-Gewerkschaft einen Arbeitskampf verloren. Ihre Spaltung trat offen zu Tage in einem Machtkampf, der immerhin einem Vorsitzenden den Job kostete. Was zu Massenaustritten von mittlerweile 87.000 Mitgliedern allein in diesem Jahr führte. Nicht einmal beim anderen „Tanker“, der SPD, bekommt die IG Metall noch Gehör. Die Gewerkschaft ist so schwach wie nie. Und dennoch verharrt die Mehrheit beim Gewerkschaftstag auf der Ebene der Appelle – anstatt die sozialpolitische Diskussion weiterzuführen oder Konsequenzen aus dem Desaster im Osten zu ziehen.

Trotzdem werden die Themen Tarif- und Gesellschaftspolitik die Agenda der Gewerkschaft bestimmen. Da erwarten die Mitglieder Orientierung. Doch welche? Trotz aller Bekundungen zur Zusammenarbeit sind die Differenzen des neuen Führungsduos nach wie vor vorhanden. Der eine, Peters, hält am Konfliktkurs gegen die Agenda 2010 fest; der andere, Huber, setzt auf Dialog. Was nun? Klar ist jedenfalls: Mit unverrückbaren Positition wie der Forderung nach einem Investitionsprogramm von 20 Milliarden Euro und der Einführung der Vermögenssteuer wird die IG Metall den Kanzler nicht wirklich zum Gespräch bewegen können.

Auch in der Tarifpolitik gehen die Vorstellungen auseinander – zumal auch hier noch kein Konzept erkennbar ist, wie die IG Metall mit der Niederlage im Osten umgehen will. Diese Frage wird wohl zur ersten Bewährungsprobe des Führungsduos. Im Winter stehen die nächsten Lohnverhandlungen an – mit gestärkten Arbeitgebern. Peters steht dabei unter Erfolgsdruck und wird sich zudem nach seinem schlechten Wahlergebnis profilieren wollen. Die Zwangsehe ist also brüchig – und der Gewerkschaft droht bei einem wiederholten Desaster wieder die Spaltung.