Warnstreik gegen Peters

Denkzettel für Streikdebakel im Osten: Neuer IG-Metall-Chef mit nur 66,1 Prozent gewählt. Auch Stellvertreter Huber erlangt lediglich 67,1 Prozent der Stimmen. Miesestes Ergebnis seit 40 Jahren

FRANKFURT/MAIN taz ■ Sieg mit Denkzettel für Jürgen Peters: Der neue Vorsitzende der IG Metall erhielt auf dem Gewerkschaftstag am Wochenende lediglich 66,1 Prozent der 592 Delegiertenstimmen – das schlechteste Ergebnis seit über 40 Jahren. Peters nannte das ein „ehrliches Ergebnis“. An die Adresse der Delegierten, die ihn nicht gewählt haben, sagte Peters: „Ich werde es schaffen, dass auch Sie sagen, er hat das Vertrauen verdient.“ Für den 59-jährigen Peters stimmten 391 von 592 Delegierten. 187 votierten gegen ihn, 13 enthielten sich. Eine Stimme war ungültig.

Berthold Huber wurde mit 67,1 Prozent zu Peters’ Stellvertreter gewählt. Huber erklärte, gerade nach dem Führungsstreit seien er und Peters „zu einer kollegialen Zusammenarbeit geradezu verdammt“. Er gab aber auch zu verstehen, sich „nicht irgendwelchen Meinungen anzupassen, nur um 80 oder 90 Prozent Zustimmung zu erhalten“.

Die Wahl der neuen Führung beendete einen wochenlangen innergewerkschaftlichen Streit, in dessen Verlauf Klaus Zwickel als Vorsitzender der IG Metall zurückgetreten war. Deshalb wurde es notwendig, die Vorstandswahl auf einem gesonderten Gewerkschaftstag vorzuziehen.

Der neue IG-Metall-Chef holte gestern zum Rundumschlag auf seine Gegner aus. „Nicht nur mit den Oppositionsparteien, sondern auch mit der Regierung sind Konflikte unvermeidbar“, sagte Peters. Die Durchlöcherung der Tarifverträge müsse verhindert werden. Der 59-Jährige startete einen erneuten Angriff auf die Agenda 2010 von Rot-Grün: „Diese Politik bietet keine Alternativen.“ In Zukunft werde die IG Metall nicht nur mit Gesprächen, sondern auch mit Aktionen Einfluss auf die Regierung ausüben, kündigte er an.

Huber sprach sich für die Dialogbereitschaft seiner Gewerkschaft vor allem mit der Bundesregierung aus, denn „parteipolitische Abstinenz“ stärke die Position der IG Metall nicht. „Wir müssen uns in die Entscheidungsprozesse der Parteien einmischen, wenn wir uns nicht zur Reparaturkolonne der Politik degradieren lassen wollen.“

Prägendes Thema des Gewerkschaftstags war die Aufarbeitung des gescheiterten Streiks in Ostdeutschland. In der Aussprache wiesen sich die verschiedenen Lager erneut gegenseitig die Schuld an dem Debakel zu. Der ostdeutsche Bezirksleiter Hasso Düvel, der den Streik geführt hatte, lehnte einen Rücktritt abermals ab. Er werde jetzt „nicht von Bord springen“.

THILO KNOTT

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