Kontrahenten gehen Hand in Hand

Ein ungewöhnliches Aktionsbündnis will sich für die „offensive Weiterentwicklung“ erneuerbarer Energien einsetzen.Dazu unterzeichneten gestern verschiedene Lobbyverbände ein Erklärung. Bündnispläne für „Offensive“ sind noch dünn

aus Berlin MARIUS ZIPPE

Für die Aktivisten stehen die Menetekel an der Wand – erst die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr, nun die Hitzewelle: Nur mit der stärkeren Anwendung erneuerbarer Energien aus Wind oder Sonne könne die Klimakatastrophe aufgehalten werden, sagt IG-Metall-Referent Georg Werckmeister. Borniert sei dagegen, wer an der Stromerzeugung aus Kohle oder Atomkraft festhalte wie Gewerkschaftskollege und Chef der IG Bergbau, Chemie und Energie, Hubertus Schmoldt. Werckmeister: Bis zu 500.000 „zukunftsfähige“ Arbeitsplätze könnten bis 2020 bei alternativen Energieerzeugern entstehen.

Für die IG Metall ist das ein Grund, mit zum Teil ungewöhnlichen Mitstreitern in ein „Aktionsbündnis Erneuerbare Energien“ einzutreten. Unter dem Titel „Aufbruch in eine neue Zeit“ unterzeichneten gestern der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), der Deutsche Bauernverband (DBV), der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und die Vereinigung Eurosolar eine Erklärung. Darin verpflichten sie sich zur „offensiven Weiterentwicklung“ alternativer Energien.

In dem Papier heißt es, innerhalb der nächsten zwanzig Jahre würden in Deutschland über die Hälfte der Kraftwerke wegen Überalterung ersetzt. Vor diesem Hintergrund müssten heute die richtigen Weichenstellungen für eine nachhaltige Energieversorgung vorgenommen werden.

Dass so unterschiedliche Lobbyisten gemeinsam auftreten, hat vor allem einen Grund: Sie erwarten für ihre Klientel in Zukunft wachsende Gewinne auf dem Markt der alternativen Energien. Oder Arbeitsplätze – wie die Gewerkschaften. So erhofft sich zum Beispiel BVMW-Geschäftsführer Bodo Schwarz beim Ausbau erneuerbarer Energien einen Aufschwung für den Mittelstand. Denn im Gegensatz zur Konzern-geprägten Stromerzeugung aus Kohle oder mit Atomkraft entwickelten vor allem kleine und mittlere Unternehmen Technologien für alternative Energien.

Ähnlich sind auch die Hoffnungen bei den Bauern: Mehr Arbeit und neue Aufträge erwartet Dietrich Klein vom DBV – wenn zum Beispiel die Marktanteile für Biodiesel wachsen. Er habe bereits Zusagen der Mineralölkonzerne Aral, BP und Shell erhalten, dass diese zukünftig Biodiesel vertreiben wollten. So habe ein Sprecher von Shell international bei Gesprächen in Brüssel zugesagt, Biokraftstoffe herkömmlichen Treibstoffen beizumischen.

Was von dem neuen Aktionsbündnis aber genau zu erwarten ist, schien gestern noch nicht ganz klar. Von einer „Fülle von Maßnahmen“ war zunächst die Rede und von „vielen Aktivitäten mit Unternehmen“. Fest steht, dass das Bündnis im September Bundestagsabgeordnete zu einem parlamentarischen Abend einladen wird. Das sind im politischen Berlin die Abende, an denen Lobbyverbände versuchen, die Parlamentarier von ihren Interessen zu überzeugen. Außerdem will das Aktionsbündnis auf zwei Energiemessen in Erfurt und Beverungen auftreten und Anzeigen schalten.