Eva wer?

Ein gehypter Kettenbrief zum Kanzlersturz erreicht in der SPD noch nicht mal die Funktionsträger im linken Flügel

Gerhard Schröder muss sich zumindest bei seinen Berliner Genossen keine Sorgen machen. Ein per E-Mail von einem Kölner SPD-Mitglied versandter Aufruf zum Kanzlersturz hat hier nicht einmal die üblichen Verdächtigen erreicht. Weder Hans-Georg Lorenz, berufslinker SPDler im Abgeordnetenhaus, noch Mark Rackles, Agenda-2010-Kritiker und Parteichef in Friedrichshain-Kreuzberg, haben den Brief bekommen.

„Solch einen Quatsch würde ich auch sofort wegklicken“, sagte Lorenz gestern. Die E-Mail spricht von einem „unfassbaren sozialen Rückschritt“, fordert einen Kurswechsel, sonst solle Schröder gestürzt werden. „Was soll denn das heißen: Sturz? Das bliebe doch dem Bundestag vorbehalten“, meint Lorenz, auch Chef des linken Donnerstagskreises der SPD. Natürlich sehe er die aktuelle SPD-Linie kritisch, „aber es geht mir um inhaltliche Korrekturen“. Die hätten mit Schröder nur teilweise zu tun. Mit dem Namen der Unterzeichnerin der Mail, Eva Gürster, konnte Lorenz nichts anfangen.

Ähnlich äußerte sich Rackles. „Ich habe von niemanden gehört, der die Mail bekommen hat, auch nicht von Leuten, die zur Zielgruppe gehören müssten.“Auch er kennt Gürster nicht, die laut Kölner SPD dort keine politische Funktion hat. Rackles hatte 2003 als einziger Berliner SPD-Kreischef offen die Urabstimmung gegen die Agenda 2010 unterstützt und das Kreisbüro zur Sammelstelle für Unterschriften gemacht. Von dem Aufruf hält Rackles nichts, er hätte ihn auch nicht weiterverbreitet, sagt er. Seine Kritik habe er 2003 deutlich gemacht, „jetzt möchte ich abwarten, welche Ergebnisse die vorweisen, die die Agenda durchgesetzt haben“.

Weit weniger überraschend als die Distanzierung durch die Parteilinken ist, dass die SPD-Fraktion den Aufruf „als hinterhältige Aktion gegen den Kanzler“ verurteilt. STEFAN ALBERTI