Indonesien wäscht seine Generäle weiß

Endgültiger Freispruch für alle indonesischen Militärs, die für die Gewaltwelle nach Osttimors Unabhängigkeitsreferendum verantwortlich sind. Nur zwei Osttimoresen müssen als Sündenböcke ins Gefängnis. Internationales Tribunal kein Thema mehr

Indonesische Menschenrechtler: „Die Prozesse sind eine Heuchelei“

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Fünf Jahre nach den blutigen Gewalttaten in Osttimor sind jetzt vier indonesische Militärs freigesprochen worden. Wie die Staatsanwaltschaft erst gestern mitteilte, hob ein indonesisches Berufungsgericht bereits am 29. Juli eine dreijährige Haftstrafe gegen den bisher ranghöchsten Angeklagten, General Adam Damiri, auf. Er hatte Ende August 1999 den Oberbefehl über die indonesischen Truppen in Osttimor. Außer ihm wurden noch drei weitere Angeklagte freigesprochen, darunter zwei Armeeoffiziere sowie der frühere Polizei- und Militärchef in Osttimors Hauptstadt Dili.

Zudem wurde das Urteil von zehn Jahren Haft für den proindonesischen Milizenführer Eurico Guterres halbiert. Ohnehin ist er wegen seiner beim Obersten Gericht anhängigen Berufung auf freiem Fuß. Guterres wird vorgeworfen, Ermordungen und Folterungen mutmaßlicher Unabhängigkeitskämpfer beaufsichtigt zu haben.

Menschenrechtsorganisationen, die wiederholt die Verfahren als Farce angeprangert hatten, reagierten auf die Urteile empört. Sie seien „ein klarer Beweis, dass die gesamten Menschenrechtsprozesse eine Heuchelei sind“, klagte die indonesische „Vereinigung für Rechtshilfe und Menschenrechte“. Indonesiens Justiz habe von Anfang an keine Gerechtigkeit gewollt. „Diese Urteile sind eine Schande“, sagte der Menschenrechtsaktivist Hendardi, der wie viele Indonesier nur einen Namen hat.

Indonesien hatte Ende 1975 den Ostteil der Insel Timor besetzt, nachdem die portugiesischen Kolonialmacht nach 400 Jahren abgezogen war und sich Osttimor für unabhängig erklärt hatte. Als sich die Osttimoresen nach einem Vierteljahrhundert indonesischer Herrschaft 1999 in einem UN-Referendum für die Unabhängigkeit entschieden, verwüsteten proindonesische Milizen das Land. Laut UNO wurden mehr als eintausend Menschen ermordet, über 250.000 mussten flüchten.

General Damiri und die anderen Angeklagten waren ursprünglich von jenem Ad-hoc-Tribunal für schuldig befunden worden, das Jakarta 2001 auf internationalen Druck einberufen hatte. Die UNO hatte damals mit einem internationalen Gerichtsverfahren gedroht, sollte Indonesien die Verbrechen nicht selbst aufarbeiten.

Für Beobachter aber war dieses nationale Tribunal lediglich ein Alibi. So saßen hochrangige Vertreter aus Militär und Politik, die bei der Gewalt in Osttimor eine zentrale Rolle gespielt hatten, erst gar nicht auf der Anklagebank. Dazu zählen der damalige Verteidigungsminister Wiranto, der jetzt bei den Präsidentschaftswahlen auf den dritten Platz kam, sowie der damalige militärische Geheimdienstchef Zacky Anwar Makarim.

Auch waren von ursprünglich 33 genannten Verantwortlichen nur 18 angeklagt worden, die meist zweitrangige Posten innehatten. Nur zwei wurden schließlich für schuldig befunden. Beide sind gebürtige Timoresen: der besagte Milizenführer Guterres sowie der frühere Gouverneur Osttimors, Abilio Soares. Dieser wurde im August 2002 zu drei Jahren Haft verurteilt und beklagte sich schon damals, er müsse als „Sündenbock“ herhalten. Jakarta hat dagegen Zeit gewonnen. Heute ist das Interesse an Osttimor geschwunden wie der Druck für ein internationales Tribunal.