Roma soll in Verelendung geschoben werden

Wenn die UN-Behörde sich nicht sträubt, wird heute eine 61-Jährige in den Kosovo geschickt. Ihre Kinder bleiben hier

KÖLN taz ■ Die Abschiebung einer 61-jährigen Roma stößt bei Pax Christi auf Protest. Shefkaije Istrefi soll heute aus Düsseldorf nach Priština in den Kosovo geflogen werden, obwohl sie dort keine Verwandten mehr hat und ihre Kinder in Deutschland und Westeuropa leben. Ihr Anwalt Michael Kolostori befürchtet: „In Priština besteht die reale Gefahr, dass sie verelendet.“ Istrefi leide an Bluthochdruck und Depression und brauche Medikamente.

Nicolaus von Holtey, Mitarbeiter von Pax Christi, wirft den deutschen Behörden nun vor, die Informationen über die soziale Lage und den Gesundheitszustand von Frau Istrefi nicht in ausreichendem Umfang an die UN-Mission im Kosovo (Unmik) weitergeleitet zu haben. Gemäß einer Vereinbarung vom 31. März dieses Jahres mit der Bundesrepublik muss die UN-Behörde bei Abschiebungen zustimmen. „Es ist unsinnig, diese Frau abzuschieben, deren Kinder hier leben, die sich um sie kümmern und sie versorgen können“, sagte von Holtey zur taz.

Von Holtey befürchtet auch, dass Istrefi im Kosovo nicht sicher sein wird. Serben und Roma dürfen derzeit überhaupt nicht dorthin abgeschoben werden. Shefkaije Istrefi, die im August 1998 nach Deutschland kam und Asyl beantragte, gehört zur Gruppe der Ashkali, der albanisierten Roma. Im Gegensatz zu Roma können Ashkali abgeschoben werden – aber nur nach Einzelfallprüfung durch die Unmik, heißt es in der vom deutschen Innenminister Otto Schily und dem UN-Repräsentanten für Kosovo, Michael Steiner, unterzeichneten Vereinbarung. Doch auch gegen Ashkali gebe es noch immer Gewalttaten, berichtet von Holtey.

Auch die Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, Cornelie Sonntag-Wolgast, hat nach einer Reise in den Kosovo gewarnt, „rasche Rückführungen“ könnten die Situation dort weiter destabilisieren. Es sei „dringend zu raten, die Rückführung höchst behutsam zu betreiben und dem Prinzip Freiwilligkeit absoluten Vorrang zu geben“, schrieb die SPD-Politikerin an die Länderinnenminister.

Gemäß der Vereinbarung mit der Unmik dürfen im ersten Jahr ohnehin nur 1.000 der hier lebenden 33.000 Kosovo-Flüchtlinge abgeschoben werden. Warum ausgerechnet Istrefi dazu gehören soll, ist Kolostori ein Rätsel. Doch er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Die Härtefallkommission Nordrhein-Westfalen habe bereits empfohlen, die Abschiebung „zunächst“ auszusetzen, berichtet er. Und auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR habe sich eingeschaltet. Letzten Informationen zufolge soll die Unmik es jetzt doch ablehnen, Shefkaije Istrefi im Kosovo aufzunehmen.

DIRK ECKERT