S-Bahn in Flammen

Der Brand in einem S-Bahn-Waggon hat den Anhalter Bahnhof schwer beschädigt. Wären die Fahrgäste vom Bahnpersonal nicht sofort ins Freie geführt worden, hätten sie keine Chance gehabt

VON ALENA SCHRÖDER

„Das sieht ja aus wie im Krieg“, sagt ein älterer Passant, der sich zusammen mit der Presse den völlig verrußten Bahnsteig der S 2 im Anhalter Bahnhof ansieht. Dort steht das völlig ausgebrannte Gerippe eines S-Bahn-Waggons, der Bahnsteig ist übersät mit Asche und von der Decke gebröckeltem Putz. Die Kunststoffverkleidungen der historischen Bahnsteiglampen sind geschmolzen, die weißen Wandkacheln pechschwarz. Noch Stunden nach dem Brand ist die Luft im Bahnhof voller Rauch.

Um kurz nach sieben Uhr war im letzten Waggon der S 2 zwischen den Bahnhöfen Potsdamer Platz und Anhalter Bahnhof ein Feuer ausgebrochen. Über die Ursache will weder die S-Bahn-Verwaltung noch der ermittelnde Bundesgrenzschutz spekulieren.

Der brennende Zug habe es noch bis zum Anhalter Bahnhof geschafft, sagte der Feuerwehr-Sprecher Rolf Erbe, Fahrgäste und das Zugpersonal hätten sich über den Hauptausgang und zwei weitere Notausgänge ins Freie retten können. Drei Personen mussten mit leichten Rauchvergiftungen ins Krankenhaus gebracht werden. Betroffen von dem Brand war auch ein zweiter, im Tunnel folgender Zug. Der Zugführer bemerkte den zunehmenden Rauch im Tunnel rechtzeitig, stoppte und führte seine rund 30 Fahrgäste durch einen Notausstieg ins Freie.

„Vorbildlich“ nennt S-Bahn-Sprecher Ingo Priegnitz das Verhalten des Zugführers. „Daran sieht man, dass unser Personal sehr gut auf solche Situationen vorbereitet ist.“ Erst vor zwei Monaten habe eine entsprechende Übung für S-Bahn-Mitarbeitende stattgefunden. Auch die Fahrgäste blieben besonnen, Panik sei zu keiner Zeit ausgebrochen.

Wie viel Glück die Fahrgäste tatsächlich hatten, kann die Berliner Feuerwehr bestätigen. Als die ersten Einsatzfahrzeuge nur wenige Minuten nach dem ersten Notruf um 7.11 Uhr vor Ort waren, drang aus allen Bahnhofsausgängen schon dichter Rauch. „Die Sichtweite unten am Bahnsteig war unter zwei Metern, die Hitzeentwicklung war enorm“, sagt Feuerwehrmann Falk Schellert von der Schöneberger Wache. „Zum Glück waren unten keine Fahrgäste mehr. Die hätten kaum eine Chance gehabt.“ Selbst mit Atemgeräten konnten die Feuerwehrmänner nicht länger als 30 Minuten auf dem Bahnsteig bleiben. „Solche Einsätze gehen an die Grenze der körperlichen Belastbarkeit“, erklärt Erbe. Insgesamt war die Feuerwehr mit 300 Einsatzkräften und 95 Fahrzeugen vor Ort, auch Polizei, Bundesgrenzschutz und das Rote Kreuz standen bereit.

Sogar Bahnchef Hartmut Mehdorn, auch zuständig für die Berliner S-Bahn, war aus seinem nahe gelegenen Büro zur Unglücksstelle gekommen. Er sei „erstaunt über die Stärke des Brandes“ – und versprach eine baldige Aufklärung der Brandursache. Bis der Bundesgrenzschutz die Ursache ermittelt hat, bleibt der Anhalter Bahnhof jedenfalls für den Zugverkehr gesperrt.