US-Kritik an Freispruch für Jakartas Generäle

Washington ist „bestürzt“ über Urteil eines indonesischen Berufungsgerichts. Osttimor gegen internationales Tribunal

BERLIN taz ■ Die US-Regierung hat ein indonesisches Berufungsgericht kritisiert, das vier wegen Verbrechen in Osttimor verurteilte Militär- und Polizeioffiziere freigesprochen hat. Das Berufungsurteil, dessen Begründung noch nicht veröffentlicht wurde, fiel am 29. Juli, wurde aber erst am 5. August bekannt. „Wir sind bestürzt über diese Entscheidung, und wir sind zutiefst enttäuscht über die Leistung und Bilanz des indonesischen Ad-Hoc-Tribunals,“ sagte der Vize-US-Außenamtssprecher Adam Ereli am Montag in Washington.

Der gesamte Prozess sei „voller Fehler und unglaubwürdig“, sagte Ereli. Er kritisierte, dass von 18 angeklagten Militärs, Polizisten, Milizführern und Zivilverwaltern nur zwei verurteilt wurden. Sie seien Osttimoresen. Ihre Haftstrafen lägen unter der zehnjährigen gesetzlichen Mindestfrist. Doch auf die Frage nach Konsequenzen blieb der US-Sprecher unkonkret: „Wir beraten uns mit den betroffenen Regierungen und internationalen Organisationen, wie ein glaubwürdiges Maß an Gerechtigkeit für diese Verbrechen sichergestellt werden kann.“

Indonesien richtete 2000 ein Tribunal ein, um die schweren Menschenrechtsverletzungen nach dem Unabhängigkeitsreferendum im annektierten Osttimor vom August 1999 zu ahnden. Damals ermordeten proindonesische Milizen ein- bis zweitausend Osttimoresen und vertrieben 250.000. Erst eine internationale Intervention mit UN-Mandat beendete dies. Mit dem Tribunal wollte Jakarta ein internationales Verfahren gegen seine Generäle verhindern, die die Milizen aufgestellt hatten.

Von Beginn an wurde Jakartas Tribunal kritisiert, weil es nur 18 Personen anklagte und sich an mutmaßliche Hauptverantwortliche wie den Ex-Armeechef Wiranto nicht heranwagte. Die Freisprüche verstärken den Eindruck, Jakartas Tribunal diente in erster Linie dazu, die Generäle zu entlasten und Osttimoresen allein verantwortlich zu machen.

Auch das Berliner Auswärtige Amt reagierte enttäuscht auf die Urteile. Um den Versöhnungsprozess voranzubringen, sei „eine glaubwürdige und transparente Aufarbeitung der schweren Menschenrechtsverletzungen im Einklang mit internationalen Standards notwendig“, hieß es auf Anfrage der taz. Zu Forderungen nach einem internationalen Tribunal wollte das Auswärtige Amt nicht Stellung nehmen. Auch liege die Urteilsbegründung noch nicht vor.

International sprach sich in den vergangenen Tagen nur Neuseeland für ein Osttimor-Tribunal aus. Selbst Osttimors Regierung möchte nichts davon wissen. Sie fürchtet eine Destabilisierung Indonesiens und sorgt sich um ihr Verhältnis zu dem mächtigen Nachbarn. Außenminister Jose Ramos-Horta befürwortet laut Reuters aber eine internationale Wahrheits- und Versöhnungskommission: „Die würde den Opfern zumindest die Genugtuung geben, dass die Wahrheit von der internationalen Gemeinschaft anerkannt wird.“ SVEN HANSEN

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