Kein gespür für die topographie

Der wieder eröffnete biergarten am aachener weiher erinnert mit seiner kuppelkonstruktion an das elefantenhaus im kölner zoo. Der gewinner-entwurf war zu teuer, das ergebnis ist eine albernheit

Von Cord Machens

„Der biergarten am aachener weiher wird wieder eröffnet“, hieß es auf handzetteln, die am letzten samstag in der stadt verteilt wurden. Geöffnet war er dann tatsächlich, nur fertig ist er noch nicht. So stolpern leidensfähige besucher an baubuden, maschinen, zäunen und erdhügeln vorbei über fragwürdige bodenbeläge auf die holzterrassen und dösen in der sommerglut vor sich hin.

Mit dem ersten hefeweizen kommt das gefühl, man klebe an den stühlen fest. Das trügt nicht ganz, denn sie sind gerade erst in diarrhöe-braun angepinselt worden – mal nur die holzlatten, mal das eisengestell gleich dazu. Wozu sich mühe geben, bei solch einer goldgrube. Doch die kölner lässigkeit ist nur das kleinere übel, das große ist die architektur selbst.

Das bauwerk besteht aus zwei parallelen, leicht gekippten betonwänden. Die oberflächen sind grob behauen – als diffiziler kontrast zu den kupferbelegten toren. An den schmalseiten liegen die WCs, zumindest das männliche besticht durch einfachste ausrüstung, zusammengeschustert oder second hand. Im mittelteil, über küche und tresen, erhebt sich eine aufwändige, kuppelähnliche holzkonstruktion, die einer fünfziger-jahre-kirche ehre gemacht hätte und die als assymetrischer berg die äußere erscheinung bestimmt.

Das mag dem „genius loci“ des hügeligen parks entsprungen sein und erinnert irgendwie an das neue elefantenhaus im zoo, ein elefantenkindergarten. Der architekt Wolfgang Felder wird das erklären können, aber er ist vor eröffnung in den urlaub geflohen, und das hat wohl seinen grund.

Eigentlich sollte die „servicestation“ des biergartens ein vorzeigeobjekt werden. Die stadtverwaltung hatte einen beschränkten wettbewerb ausgeschrieben und Gernot Schulz bekam den ersten preis. Sein entwurf entsprang wirklich der topographie. Alles sollte in einem hügel versteckt sein und sich nur als geschosshoher, gebogener schlitz zeigen – ein höhleneingang mit fassade und davor die bierterrassen als versetzte holzinseln. Das wäre unauffällig eingepasst, die plateaus hätten in übergangszeiten teilweise bedient werden können und im winter wäre alles landschaft.

Das fand das preisgericht gut, nur war dies dann angeblich zu teuer und es gab keinen investor. Aber anstatt den architekten zu fragen, ob es nicht auch billiger ginge, hat die stadt ein jahr gewartet, um dann einem betreiber die wahl des architekten zu überlassen.

So beschenkte die Rayes-Gastronomie-GmbH den aachener weiher mit einer albernheit, und die stadt hat gezeigt, wie zielsicher sie selbstgewählte standards unterläuft. Nur die Grüne Barbara Moritz – mein hobby ist die architektur – hat den ausgebooteten architekten mal tröstend kontaktiert.

Der alte biergarten aus containern und zelt hatte den charme des unernsten und temporären, aber er stand im landschaftsschutzgebiet. Das mochte regierungspräsident Jürgen Roters nicht länger genehmigen. Nun hat er die landschaft befreit, aber der landschaftsblick ist gestört. Gesetze sind das eine und gespür ist das andere – das kennen wir noch von seinem vorgänger Antwerpes.