Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Schluck!

Unser heutiges Bildmaterial hat uns freundlicherweise ein Leser zugesandt – mit dem Ausdruck des Schauderns. Und tatsächlich: Das ist ein harter Bissen, den wir da erst einmal verdauen müssen. Links wirbt die Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ um Spenden für „Brot zum Leben“ in irgendeinem Krisengebiet muslimischer Prägung – und rechts sehen wir eine flotte Sause am Swimmingpool. Hier Elend, dort Highlife. Geschmacklos, oder?

Schon schießen einem eine Menge Fragen durch den Kopf: Wird solche Plakatwerbung eigentlich gar nicht auf ihre Kombinierbarkeit überprüft? Darf so was passieren? Schließlich will Persil doch wohl auch nicht neben Ariel hängen – oder? Haben sich dem Plakatkleber nicht die Nackenhaare aufgestellt bei seiner Arbeit?

Ist der erste Grusel freilich abgeklungen, meldet sich doch auch wieder die Stimme der Vernunft: Worüber regen wir uns eigentlich so auf? Lautet der Vorwurf an die Werbung nicht sonst immer, sie verbreite Klischees und verspreche Dinge, die sie gar nicht halten könne? Dass sie weltfremd, ja eskapistisch sei? Und warum ärgern wir uns nun bei dieser Motivkombination? Weil uns hier der Spiegel vorgehalten wird? Werden wir nicht auf Schritt und Tritt angebettelt und angeschnorrt und geben doch nicht immer ein Almosen oder gar unser letztes Hemd – ohne dass uns hinterher der gesegnete Appetit verginge? Erwarten wir am Ende von der Werbung nicht doch nichts anderes als immer nur heile, hübsch getrennte und geordnete Welten?

Und schauen wir doch einmal genauer hin. Ja, die Jugendlichen scheinen Spaß an ihrem Imbiss zu haben. Sieht man aber einmal vom (ungenutzten) Swimmingpool im Hintergrund ab: Was nehmen sich die lustigen drei denn heraus? Sie knabbern an etwas Brotähnlichem, kombiniert mit spärlichen würzenden Markenartikeln und einem wahrlich mediokren Lollosalat. Junge-Leute-Kost, für ein Werbefoto erstaunlich realistisch, fast schon ironisch in Szene gesetzt. Kinder, haut rein! REINHARD KRAUSE