Kongress der Lebensenergie will West und Ost verkuppeln

An diesem Wochenende suchen Qigong-Meister und Mediziner nach neuen Wegen zum großen Ganzen von Erde, Kosmos und Gesundheit

Berlin nimmt Platz auf dem west-östlichen Diwan. Auf dem richtigen versteht sich. Nicht dieser kurzen Bank, die die deutsch-polnischen Beziehungen bietet. Nein, nach Fernost geht die Sehnsucht. Deshalb ist der Hauptstadt-September garniert mit asiatischen Veranstaltungen der Superlative. Neben den Asien-Pazifik-Wochen ab dem 15., mit Schwerpunkt Indien, startet heute der World Qigong Congress 2003 im Haus der Kulturen der Welt. Während sich das offizielle Indien mit Business, aber auch mit Kultur rund um Anmut und Askese präsentiert, betreiben die Anhänger chinesischer Esoterik längst die knallharte Synthese aus beidem – und nennen es „neue Wege in der Gesundheit“.

Die kommen in Zeiten kränkelnder Gesundheitssysteme nicht schlecht an. Da stört es wenig, wenn der Präsident der World Qigong Head Office Association, Wei Lingyi, etwas größenwahnsinnig schwafelt, dass der Berliner Kongress von „historischer Bedeutung für die weltweite Förderung der Qi-Wissenschaften“ sein wird. Schlichtere Gemüter als Herr Wei finden es einfach nur erfrischend oder schick, morgens im Frühtau im Tiergarten langsame Gymnastik zu machen. Vom Qi durchströmte Geister hingegen meinen: „Die Zeit ist reif, das jahrtausendealte Wissen der chinesischen Kultur mit den Forschungen und der Logik des Westens zu vereinen.“ Deshalb gibt es nicht nur ein „Mutter Erde Kulturfestival“ mit Straßenumzug (Start um 12 Uhr am Nollendorfplatz) und anschließender Eröffnungsgala (ab 18 Uhr), sondern auch eine zweitägige wissenschaftliche Fachtagung (Sonntag/Montag). Mit von der Kraft spendenden Partie sind natürlich Großmeister Wei, Rektor der ersten Internationalen Qigong-Universität, und Ellis Huber, ehemaliger Präsident der Ärztekammer Berlin. Auf dem Programm stehen so skurrile wie randständige Vorträge, zum Beispiel „Holistische Informationsmedizin“, „Taijiquan und Qigong als Friedensarbeit“, „Yi Qi Bi Gu – Yi Qi Fasten“ oder „Mi Dai (Reissack) – Regulierungstechniken“. Wer bei so vielen Qis den Überblick verliert – für einen Infostand ist gesorgt, und im Unteren Foyer des HKW werden Reiki, Zungen- und Pulsdiagnose und chinesische Medizin praktiziert. Hoffentlich stimmt dort im Keller das Feng Shui! Wenn nicht, lässt sich das dann vielleicht mit westlicher logischer Haustechnik richten.

ADRIENNE WOLTERSDORF

Kunst, Kultur und Kräfte – Alles rund ums Qigong gibt es für Eintrittspreise zwischen 12 und 30 Euro im Haus der Kulturen der Welt, Bus 100Info: www.worldqigong.de