szenenapplaus: bauch vor flusslandschaft
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Im Norden, heißt es, sind die Menschen schweigsam. Doch das stimmt nicht. Fährt man zum Beispiel von Hamburg aus die Elbe runter, dann sieht man hinter Wedel eigentlich nur noch Deiche und Schafe, die auf die Deiche kacken. Manchmal haben die Deiche Lücken, und hinter den Lücken sind Sandstrände, die ein bisschen aussehen wie an der Nordsee, nur kleiner. Ganz besonders schön ist der Strand bei Kollmar: Die Elbe macht einen großen Bogen, überall Wasser, auf dem die Sonne glitzert, und am Strand eine Imbissbude. Davor drei ältere Männer, zwei Dünne und eine Dicker. Sie schauen auf den Fluss. Dann senkt der Dicke den Blick, erspäht seinen Bauch und sagt zu dem Dünnen neben sich: „Du bist ja zu geizig zum Essen.“ Etwas unvermittelt liegt der Satz in der Luft, dann erwidert der Dünne: „Bei mir bleibt halt nichts drin, ich bin ausgewachsen.“ Schweigen. „Also ich hatt‘ 91 Kilo“, schaltet sich der Dritte ein, „ist alles weg. Vor allem hab ich aufgehört mit dem Bier.“ Auf der Elbe ziehen die großen Frachter vorbei, die Männer schauen hinterher. Der Dicke schnauft. Dann geht er zum Imbissstand und bestellt ein Stück Kuchen. Daniel Wiese