Priesterseminar St. Pölten dicht

Vatikan verfügt sofortige Schließung nach Sex-Skandal. Päpstlicher Visitator spricht von Chance zum Neuanfang. Zuständiger Bischof Kurt Krenn vor der Absetzung

WIEN taz ■ Das Priesterseminar von St. Pölten, Schauplatz eines Kinderporno-Skandals, ist geschlossen. Das verfügte gestern mit sofortiger Wirkung der Vorarlberger Bischof Klaus Küng. Der Opus-Dei-Mann aus Feldkirch sieht seit drei Wochen auf Wunsch von Papst Johannes Paul II. als „apostolischer Visitator“ in der Diözese St. Pölten nach dem Rechten. Der umstrittene Bischof Kurt Krenn ist damit de facto entmachtet. Seine Absetzung gilt als ausgemacht.

Krenn hatte monatelang vertuscht, dass zumindest ein Priesterseminarist seitenweise Kinderpornos aus dem Internet herunterlud. Außerdem war er bei der Auswahl von Studenten von den österreichweit geltenden Kriterien abgegangen, um größeren Zulauf zu bekommen.

Auf Fotos, die anonym an die Presse gemailt wurden, sieht man die inzwischen zurückgetretenen Leiter des Seminars in intimen Situationen mit Zöglingen. Bischof Krenn, einer der konservativsten Kleriker in Österreich, hatte, als der Skandal Anfang Juli aufflog, von „Bubendummheiten“ bei einer Weihnachtsfeier gesprochen. Auch nach Ankunft des Visitators verteidigte er seine Politik in den Medien.

Küng sprach daraufhin ein Interviewverbot für Krenn aus. Jetzt übte er erstmals offen Kritik an seinem Kollegen: „Krenn hat nach dem Motto agiert: Das kann doch alles nicht wahr sein.“ Dadurch sei die notwendige Säuberung ausgeblieben. Die Schließung des Seminars solle, so Küng gestern, einen Neuanfang ermöglichen. Die Seminaristen wurden vorläufig in anderen Pfarreien untergebracht. rld