EINE DIREKTWAHL DES BUNDESPRÄSIDENTEN HILFT DER DEMOKRATIE NICHT
: Mit Königin geht’s doch auch ganz gut

Dass nun wieder über die Direktwahl des Bundespräsidenten oder – eines Tages – der -in diskutiert wird, mag an der Tristesse liegen, die die möglichen Kandidaten ausstrahlen. Die Frage ist dennoch berechtigt: Sollte die Spitze des Staates nicht direkt vom Souverän gewählt werden? Zur Beantwortung braucht man nicht das fatale Weimarer Beispiel von Reichspräsident Hindenburg und den Notverordnungen zu bemühen – dazu ist die Macht des Präsidenten heute viel geringer, sind die demokratischen Tugenden der heutigen Deutschen doch stärker.

Der Bundespräsident ist der Verfassung nach ein besserer Notar der deutschen Politik – und nur wenn er gut ist, eine Art Ombudsmann der Gesellschaft. Rau hat in dieser Hinsicht enttäuscht, ein Bürgerpräsident wurde er nicht. Könnte eine Direktwahl diese Ombudsmann-Funktion stärken? Bundespräsidentin oder Bundespräsident, direkt gewählt, als starke Stimme des Volkes, wenn sich die Parteien allzu sehr ineinander verhakt haben.

Das ist nicht ohne Reiz. Doch zum einen ist die Gefahr nicht abzuweisen, dass zumindest perspektivisch das Amt zu sehr von den Untiefen der Stimmungsdemokratie geprägt wäre: Populisten vom Schlage eines Berlusconi, Schwarzenegger oder Walesa sind als Kandidaten bei einer Direktwahl kaum zu verhindern. Bei der herkömmlichen Wahl durch die Bundesversammlung ist diese Gefahr geringer. Zum anderen stünde der Wahlkampf für das höchste Amt in einem Dilemma: Entweder er wäre staatsmännisch würdig und langweilig. Oder er thematisierte angesichts der geringen politischen Macht des Amtes vor allem populäre, symbolische und emotionale Themen – mit negativen Konsequenzen für das politische Klima insgesamt.

Zudem stünden die KandidatInnen vor der Schwierigkeit, im Grunde nichts versprechen zu können, als ein offenes Ohr für alle zu haben. Denn politische Macht hat der höchste Repräsentant des Staates eben nicht. Wozu aber dann eine Direktwahl? Und selbst wenn es tatsächlich doch einen heißen Wahlkampf um ein echtes politisches Programm gäbe: Dann ist es umso schwieriger, die nötige Anerkennung für den Präsidenten auch in dem Teil des Volkes zu finden, das ihn bei der Stimmabgabe abgelehnt hat.

Schließlich: Was hindert die Bundespräsidenten denn bisher, Ombudsmänner oder -frauen zu sein? Die Art ihrer Wahl wohl kaum. Die Direktwahl von Raus NachfolgerIn würde der Demokratie kaum helfen. Und geht es nicht auch ganz gut mit Queen Elizabeth, Königin Margrethe und Königin Beatrix? PHILIPP GESSLER