Anstößiger Arbeitsanreiz Prämie

Dass manche Behörden die Leistungsprämie als Überstundenausgleich oder verkappte Lohnerhöhung zahlen, kritisiert der Rechnungshof. Ebenso, dass ArbeiterInnen von der Motivations-Zahlung ausgenommen sind

bremen taz ■ „Leistungsprämien sind ein Instrument zur Steigerung der Arbeitsleistung“ – nicht etwa eine Belohnung, wenn die Arbeit mal wieder gut erledigt wurde. Unter dieser Maßgabe hat der Bremer Rechnungshof jetzt das Prämienwesen in Behörden und Eigenbetrieben überprüft – und prompt „erhebliche Mängel“ sowie einige Absurditäten entdeckt. Das geht aus einem internen Berichtsentwurf der Prüfer hervor.

Das Profil des durchschnittlichen „Prämien- und Zulagenempfängers“ ist danach schnell skizziert: Es handelt sich um einen Mann (61 Prozent), der die 40-Stunden-Woche (80 Prozent) vermutlich mit Schlips abreißt. Denn 72 Prozent der Empfänger gehören dem gehobenen oder höheren Dienst an, zehn Prozent von ihnen sind schon in Altersteilzeit, einer war im Berichtszeitraum (2003) sogar schon in Rente – was der Rechnungshof bemängelt: Prämien müssten ausdrücklich begründet und zeitnah zur besonderen Leistung gezahlt werden. Statt dessen aber fließen sie nach den Recherchen der Rechnungsprüfer eher erst gegen Jahresende – wenn noch Geld im Personalbudget ist.

Vor allem aber fließen Prämien selten. Von rund 35.000 grundsätzlich als prämienwürdig definierten Beamten und Angestellten im Öffentlichen Dienst – ArbeiterInnen sind ausgenommen, was der Rechnungshof abgeschafft sehen will – haben zwischen Januar 2002 und Juni 2003 nur 84 Personen in senatorischen Dienststellen oder Eigenbetrieben Extra-Geld bekommen. Neun von zehn waren Einzelkämpfer, für tolle Teamleistung wurde selten gezahlt. Insgesamt flossen 145.0000 Euro für Prämien und Zulagen.

Spitzenreiter sind dabei die Ressorts von Jens Eckhoff (CDU), Bau, Umwelt und Verkehr – wobei der Prüfzeitraum noch in die Amtszeit seiner Vorgängerin Tine Wischer (SPD) fällt. Stolze 67 Prozent aller Prämien wurden alleine in diesem Ressort gezahlt, die 58 Prämien umfassten im Schnitt 1.832 Euro – in 27 Fällen wurde dabei die gesetzliche Höchstgrenze voll ausgeschöpft oder sogar überschritten. Das heißt, die EmpfängerInnen bekamen in einem Jahr mehr als das monatliche Anfangsgrundgehalt ihrer Besoldungsgruppe zusätzlich. Auch im Innen- und Sportressort wurde in vier von sechs Fällen alles und mehr abgeschöpft, ebenso in zwei von vier Fällen beim Wirtschaftsressort. Sogar beim als knausrig bekannten Senator für Finanzen (damals noch Perschau, CDU) wurden drei von vier Grenzfälle registriert, und einer (von fünf) sogar beim Rechnungshof selbst.

Nur bei Bildungssenator Willi Lemke (SPD), der mit vergleichsweise niedrigen Prämien von durchschnittlich 994 Euro den unteren Rand markierte, war alles gut: Niemand bekam die Höchstsumme – oder sogar mehr als vorgesehen. Eine echte Ausnahme. Weswegen der Rechnungshof vorschlägt, ein einheitliches Beurteilungsverfahren einzuführen – oder „falls sich an der Vergabepraxis nichts ändert, besser auf Prämien und Zulagen völlig zu verzichten.“

Geheime Gehaltsaufbesserung über Prämien und Zulagen würde so unterbunden. Ebenso die inoffizielle Ausweitung der Arbeitszeit von Leistungsträgern, die statt regulärer Arbeitszeit Prämien ausbezahlt bekommen.

Anhaltspunkte für ein solches Umgehen der Regeln finden sich im Bericht mehrfach. Im Eigenbetrieb Gebäude- und Technikmanagement (GTM) beispielsweise rügen die Prüfer, dass eine Teilzeitbeschäftigte über rund 18 Monate Prämien bekam – statt dass die Arbeitszeit erhöht worden wäre. Gleich dreimal stieß der Rechnungshof auf solche „Zweckentfremdung“ auch in Behördenstuben. Bei den Bremer Entsorgungsbetrieben (BEB) geriet unterdessen ein Beamter ins Visier, dem die Prämien als Ausgleich für eine Höhergruppierung gezahlt wurden: Der Mann übernahm zwar Leitungsfunktionen, konnte aber wegen seines jungen Alters nach dem Beamtenrecht noch nicht entsprechend eingruppiert werden. Zwei Parallelen dazu entdeckten die Prüfer auch in senatorischen Dienststellen.

Einzigartig dagegen dürfte die Prämienvergabe in einem nicht näher identifizierten Ressort sein: Dort erhielten vier Beschäftigte, während sie an andere Dienststellen abgeordnet waren, Prämien – ohne dass die Stammdiensstelle dies ahnte. ede