Hunde dürfen wieder ewig leben

Gesundheitsbehörde will gegen das Kippen der Hundeverordnung in Berufung gehen. Rassenkatalog vom Verwaltungsgericht als nichtig erklärt. TierschützerInnen freuen sich, FDP auch. SPD-Fraktion hält dagegen am Sinn der Verordnung fest

von ELKE SPANNER

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: Die Hamburger Gesundheitsbehörde wird wahrscheinich vor das Oberverwaltungsgericht (OVG) ziehen, um die umstrittene Hundeverordnung doch noch durchzusetzen. Die hat das Verwaltungsgericht soeben in erster Instanz für nichtig erklärt: Der Senat, urteilten die Verwaltungsrichter, hätte im Juni 2000 keinen Rassenkatalog aufstellen dürfen, der das Halten bestimmter Kampfhundearten in der Hansestadt untersagt.

In seiner Entscheidung ging das Verwaltungsgericht allerdings nicht auf die Argumentation der zehn KlägerInnen ein, die sich durch die Hundeverordnung diskriminiert fühlen. Die BesitzerInnen als gefährlich geltender Hunde hatten vorgetragen, gegenüber den HalterInnen von Schäferhunden und Cockerspaniels benachteiligt und dadurch in ihren Grundrechten verletzt zu sein. Sie müssten sich erst eine behördliche Genehmigung holen, ehe sie mit ihrem Tier Gassi gehen können, und ihn dann auch noch mit Leine und Maulkorb ausführen. Demgegenüber seien die HalterInnen deutscher „Gebrauchshunderassen“ privilegiert. Und Erwägungen der sozialen Akzeptanz von Hunderassen in der Bevölkerung seien kein zulässiges Kriterium für Ungleichbehandlungen.

Das Gericht gab ihnen zwar im Ergebnis Recht, dass die Hundeverordnung keinen Bestand haben kann. Die Begründung dafür aber ist rein formell: Der Senat habe keine ausreichende Gesetzesgrundlage gehabt, eine solche Verordnung zu erlassen. Das würde voraussetzen, dass von den im Rassenkatalog aufgeführten Hunden jeweils eine konkrete Gefahr ausgeht – und nicht nur ein Gefahrenverdacht bestehe. Ausdrücklich weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass trotz seiner Entscheidung weiterhin die Möglichkeit bestehe, das „Regelungsziel“ der Hundeverordnung zu erreichen. Die aber müsste juristisch besser abgesichert sein.

Die Hundeverordnung hatte der rot-grüne Senat unter Bürgermeister Ortwin Runde im Juni 2000 erlassen, nachdem in Wilhelmsburg ein sechsjähriger Junge von zwei Kampfhunden getötet worden war. Seither sind 846 als gefährlich geltende Hunde ins Tierheim gekommen, darunter 574 von der Polizei sichergestellte Tiere. Der Vorsitzende des Tierschutzvereines, Wolfgang Poggendorf, hat die Hundeverordnung von jeher abgelehnt: „Kein Hund ist von Geburt an gefährlich. Das Problem liegt am anderen Ende der Leine, beim Menschen“, kommentierte er das Gerichtsurteil.

Diese Ansicht teilt auch der tierschutzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ekkehard Rumpf. Der Hamburger Gesetzgeber sei jetzt gefordert, ein Gesetz zu schaffen, das „viel mehr bei dem wirklichen Problem, dem Hundehalter, ansetzt“. Für die SPD hingegen geht es zu weit, „den Tierschutz gegen das Leben von Kindern auszuspielen“. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Rechts-Senat aufgefordert, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in die Berufung zu gehen. Die Hundeverordnung sei notwendig, um „das Leben unserer Kinder zu schützen“, sagte der Abgeordnete Michael Neumann. Niemand zwinge HundebesitzerInnen, sich ausgerechnet ein Tier anzuschaffen, das als aggressiv gilt. Und wenn sich die HalterInnen dann schon dafür entscheiden, sei es zumutbar, diesem Hund zumindest einen Maulkorb anzulegen und ihn an der Leine zu führen.