Privileg in Kautschuk

Umschulung geht nur an Arbeitslosengeldempfänger, die den Arbeitsamtshaushalt belasten.

Bremen taz ■ Unter Tagesordnungspunkt 13 A hat die Arbeitsdeputation vergangene Woche grünes Licht für ein beispielhaftes Projekt gegeben: In Bremen-Nord werden das Arbeitsamt, die Bremer Arbeit GmbH (bag) und acht Firmen gemeinsam Arbeitslose zu Kunststoff- und Kautschuktechnik-Fachleuten umschulen – die im Schiffsbau dringend gesucht werden. Trotz Bedarfs gibt es in dem Beruf keine Lehrstellen und eine Umschulung, so eine bag-Mitarbeiterin, erst jetzt, nachdem die bag vor Ort den Bedarf fest- sowie die Vernetzung von Amt und Betrieben hergestellt habe.

Die gut einjährige Umschulung für rund 18 TeilnehmerInnen kostet insgesamt 875.000 Euro, das Gros zahlt das Arbeitsamt, vom Land kommen 95.000 Euro Zuschuss.

Und dann findet sich in der Vorlage für die Deputierten der Satz: „Vorrangig sollen ArbeitslosengeldbezieherInnen für die Qualifizierung gewonnen werden.“ Vorrangig also Menschen, die erst relativ kurz ohne Job sind und Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt beziehen. Nicht Personen, die länger arbeitslos sind und daher Arbeitslosen- oder Sozialhilfe von Bund oder Kommune bekommen. Was der Politik der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg entspräche, die die Landesarbeitsämter im Frühjahr anwies, AB-Maßnahmen vor allem auf Arbeitslosengeldempfänger zu konzentrieren, die damit nicht mehr am Tropf der Bundesanstalt hingen.

„Genau an dieser Stelle haben wir auch nachgefragt“, sagt die Deputationssprecherin Helga Ziegert, SPD. ArbeitslosengeldempfängerInnen vor allem deshalb, so die Antwort, weil die dem Arbeitsmarkt noch nicht so fern seien und ergo leichter wieder rein kämen. „Aber man hat uns versichert, dass natürlich auch Arbeitslosenhilfeempfänger für die Maßnahmen in Frage kommen“, so Ziegert.

Der Bremer Arbeitsmarktforscher Paul Schröder mag das nicht glauben. Er sieht in der Vorlage ein weiteres Indiz für die „ausgrenzende Geschäftspolitik der Bundesanstalt“ und moniert, dass dafür auch Landesmittel fließen. Die BA sollte die Maßnahme alleine finanzieren, findet Schröder, „eine Ko-Finanzierung durch das Land wäre unter dieser ausgrenzenden Zielsetzung nicht gerechtfertigt.“ sgi